Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilsfeststellungen bei innerörtlichem Rotlichtverstoß
Leitsatz (amtlich)
1.Unter den Bedingungen eines im innerstädtischen Verkehr angewandten standardisierten Messverfahrens bedarf es im Urteil im Regelfall keiner Feststellungen dazu, wo genau sich der Betroffene beim Umspringen der Ampel auf rotes Wechsellicht befand. Denn hier ist von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer dreisekündigen Gelbphase und mithin von der Möglichkeit gefahrlosen Anhaltens auszugehen.
2. Den Registerauszug im Urteil in faksimilierter Form wiederzugeben und dadurch Lesbarkeit und Verständnis der Urteilsgründe zu erschweren, ist verfehlt (Anschluss an BGH StRR 2013, 297).
Normenkette
StPO § 349 Abs. 2; OWiG § 79 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 22.10.2015; Aktenzeichen 323 OWi 974/15) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. Oktober 2015 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Gründe
Ergänzend merkt der Senat an:
Die von der Rechtsbeschwerde vermissten Feststellungen dazu, "wo sich der Betroffene beim Umspringen der LZA auf Rot befand und ob er unter Berücksichtigung der zulässigen Geschwindigkeit und der Dauer der Gelbphase noch gefahrlos halten konnte", waren unter den Bedingungen eines standardisierten Messverfahrens im innerstädtischen Verkehr erlässlich, denn hier ist von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und einer dreisekündigen Gelbphase (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, StVO 43. Aufl., § 37 Rn. 44 mwN) und mithin von der Möglichkeit, gefahrlos anzuhalten, auszugehen.
Die gegen das Fahrverbot erhobenen Einwände sind, soweit sie nicht ohnehin urteilsfremd sind, nicht geeignet, die Nebenfolge in Frage zu stellen. Dies gilt auch für den vom Amtsgericht als wahr unterstellten Umstand, der Betroffene sei mit nur 20 km/h in die gesperrte Kreuzung eingefahren. Dabei kann offen bleiben, ob eine derart niedrige Geschwindigkeit wegen der Schutzzeiten der Ampelanlage gerade zu einer Erhöhung der Gefährlichkeit führt, zumal der Betroffene eine lange Sattelzugmaschine mit Anhänger steuerte. Denn das Fahrverbot ist sogar indiziert, wenn der Fahrzeugführer bei verkehrsbedingtem Halt nach Überfahren der Haltelinie nach erneuter mindestens einsekündiger Rotphase weiterfährt (vgl. BGH NJW 1999, 2978, König in Hentschel/König/Dauer, aaO., § 37 Rn. 53 mwN).
Die Aufklärungsrüge ist unzulässig (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Rechtbeschwerde beanstandet, das Gericht habe einen polizeilichen Zeugen nicht hinreichend vernommen, legt aber zugleich dar, dass der Zeuge durch den Verteidiger befragt worden ist, so dass sich ein weiteres Aufklärungsbedürfnis nicht aufdrängt.
Die Rüge der rechtswidrigen Ablehnung eines Beweisantrags ist jedenfalls unbegründet. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung des durch die PTB zugelassenen und geeichten und als standardisiert anerkannten Messverfahrens bedurfte es nicht.
Den Registerauszug im Urteil in faksimilierter Form wiederzugeben und dadurch Lesbarkeit und Verständnis der Urteilsgründe zu erschweren, ist verfehlt (vgl. BGH StRR 2013, 297 [Volltext bei juris]), gefährdet den Bestand des Urteils (hier) jedoch nicht.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Fundstellen