Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 52 O 165/16)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 15. August 2016 wird auf ihre Kosten nach einem Wert von 676,58 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin hat zu Recht auf den Kostenfestsetzungsantrag vom 6. Juli 2016 die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Die Antragsgegnerin vermag mit ihrem Einwand nicht durchzudringen, dass es an einer wirksamen Vollziehung der einstweiligen Verfügung vom 23. Juni 2016 fehle und daher die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Kostenfestsetzung ohne Grundlage sei. Wie bereits in der Hinweisverfügung vom 15. September 2016 erläutert, ist entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Ansicht nicht § 22 Abs. 1 GKG Ansatzpunkt für die Frage einer für die Kostenfestsetzung erforderlichen wirksamen Kostengrundentscheidung. Die von der Antragsgegnerin für ihren Standpunkt zitierten Entscheidungen des OLG Hamburg, Beschluss vom 16. September 1998 - 8 W 228/98 - (juris) und des OLG Koblenz, Beschluss vom 28. Juni 1999 - 5 W 404/99 - (juris) betreffen die Haftung als Entscheidungsschuldner gegenüber der Staatskasse für den Fall des Nichtvollzugs der einstweiligen Verfügung.

Es kommt vielmehr deshalb entscheidend auf die Wirksamkeit der Zustellung der einstweiligen Verfügung an, weil ein Kostenfestsetzungsbeschluss bei fehlender bzw. unwirksamer Zustellung des die Kostengrundentscheidung enthaltenden Titels von Beginn an keine Wirksamkeit entfaltet. Denn mangels wirksamer Zustellung ist der Titel dann nicht zur Zwangsvollstreckung geeignet ist und es damit an einer notwendigen Voraussetzung für einen Kostenfestsetzungsbeschluss fehlt (BGH, Beschluss vom 21. März 2013 - VII ZB 13/12 -, juris). Grundlage der Kostenfestsetzung ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel (§ 103 Abs. 1 ZPO). Der im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss füllt lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags aus (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - X ZB 36/07 - juris). Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist deshalb sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch seines Bestandes von der Kostengrundentscheidung abhängig. Wird sie aufgehoben oder abgeändert, verliert ein auf ihrer Grundlage erlassener Kostenfestsetzungsbeschluss im Umfang der Aufhebung oder Abänderung seine Wirkung. Nichts anderes gilt, wenn der die Kostengrundentscheidung enthaltende Titel mangels wirksamer Zustellung nicht zur Zwangsvollstreckung geeignet ist und es damit an einer notwendigen Voraussetzung für einen Kostenfestsetzungsbeschluss fehlt. Die Akzessorietät bewirkt in einem solchen Fall, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss von Beginn an keine rechtlichen Wirkungen entfaltet (BGH, a.a.O.).

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist ihr die einstweilige Verfügung vom 23. Juni 2016 in der Vollziehungsfrist § 929 Abs. 2 ZPO wirksam zugestellt worden. Die Zustellung an die Antragsgegnerin selbst war nicht deshalb wirkungslos, weil die Zustellung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO an die für das Verfügungsverfahren bestellten Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin hätte erfolgen müssen. Die Zustellung muss an einen bestellten Prozessbevollmächtigten nämlich nur dann erfolgen, wenn der Antragsteller von der Bestellung weiß oder die Bestellung erkennen kann. Sonst kann wirksam an den Antragsgegner selbst zugestellt werden. Die Ansicht der Antragsgegnerin, dass die Zustellung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen hat, wenn dieser für die Partei eine Schutzschrift eingereicht hat, trifft daher allein im Ausgangspunkt zu. Dafür ist weiter erforderlich ist, dass der Antragsteller von der Einreichung der Schutzschrift Kenntnis erlangt. Der Kenntnis steht es gleich, wenn sich der Gegner vorwerfbar der Kenntnisnahme verschließt (OLG Köln, Beschluss vom 9. Juni 2000 - 6 W 54/00 -, juris; OLG Köln, Urteil vom 11. Juli 2014 - 6 U 214/13 -, juris; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 12 RdNr. 3.63). Andererseits besteht keine Nachforschungspflicht des Antragstellers: Solange in einem anhängigen Rechtsstreit eine eindeutige und umfassende Vertretungsmacht dem zustellenden Organ (Gericht) oder der zustellenden Partei nicht angezeigt ist, hat die Zustellung an den Zustellungsadressaten persönlich zu erfolgen. Allein der Hinweis in einer Beschlussverfügung, dass eine Schutzschrift vorgelegen habe (ohne dass im Rubrum der Verfügung die Verfahrensbevollmächtigten aufgenommen worden sind), genügt daher nicht, um die Verpflichtung zur Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigten auszulösen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Oktober 1983 - 2 U 102/83 -, juris; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 14. A...

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