Leitsatz (amtlich)
Gibt der Sachverständige in seiner Entschädigungsberechnung einen unangemessen niedrigen Stundensatz an, so hindert das jedenfalls dann nicht aus dem Gesichtspunkt der Selbstbindung die Festsetzung der Entschädigung nach dem angemessenen Stundensatz, wenn wegen anderweitiger Kürzungen (hier: Anzahl der Stunden) die festzusetzende Entschädigung den vom Sachverständigen berechneten Gesamtbetrag nicht übersteigt.
Normenkette
ZSEG § 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 6 O 22/99) |
Tenor
In teilweiser Änderung des angefochtenen Beschlusses wird die Entschädigung des Sachverständigen Dr. M. für die Erstattung des Gutachtens vom 22.8.1999 auf insgesamt 1.931,90 DM festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen die Festsetzung der Sachverständigen-Entschädigung ist gem. § 16 Abs. 1 ZSEG zulässig. Der Beteiligte zu 1) ist nach § 16 Abs. 2 S. 2 ZSEG beschwerdeberechtigt. Seine Beschwer ergibt sich daraus, dass durch den angefochtenen Beschluss statt der beantragten Entschädigung von 3.129,84 DM für die Erstattung des Gutachtens vom 22.8.1999 nur eine Entschädigung von 1.425 DM festgesetzt worden ist.
Das Rechtsmittel hat jedoch nur wegen eines Teilbetrages von 506,90 DM Erfolg, i.Ü. ist es nicht begründet. Dem Beteiligten zu 1) steht für die Erstattung seines Sachverständigengutachtens vom 22.8.1999 insgesamt eine Entschädigung von 1.931,90 DM zu.
Die Entschädigung eines Sachverständigen richtet sich, abgesehen von den hier ersichtlich nicht vorliegenden Sonderfällen der §§ 5,7 und 13 ZSEG, allein nach den Bemessungskriterien des § 3 ZSEG (vgl. OLG Hamburg JurBüro 1983, 743; OLG Koblenz JurBüro 1995, 153), also nach dem als erforderlich anzusehenden Zeitaufwand einerseits und der Höhe des nach den Kriterien des § 3 Abs. 2 ZSEG zu bemessenden Stundensatzes.
Hinsichtlich des bei der Festsetzung der Entschädigung zu berücksichtigenden Zeitaufwands kommt es nach § 3 Abs. 2 S. 1 auf die zur Erstellung des Gutachtens erforderliche Zeit an. Entscheidend ist daher nicht die Zeit, die der Sachverständige tatsächlich zur Erstellung des Gutachtens aufgewandt hat, sondern der Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlichen Fähigkeiten und durchschnittlichen Kenntnissen benötigt, um die Beweisfrage zu beantworten; dabei sind der Umfang des Streitstoffs, der Schwierigkeitsgrad der zu beantwortenden Fragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf dem entsprechenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache zu berücksichtigen (vgl. KG v. 13.9.1983 – 1 W 4272/82, Rpfleger 1984, 77; BGH v. 4.6.1987 – X ZR 27/86, NJW-RR 1987, 1470 f.). Das Gericht darf und muss daher grundsätzlich nachprüfen, ob der vom Sachverständigen mitgeteilte Zeitaufwand – hier 54 Stunden – wirklich erforderlich war (BGH v. 6.10.1983 – III ZR 61/82, MDR 1984, 383 = VersR 1984, 77 [79]). Allerdings ist dem Sachverständigen ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt: Grundsätzlich bleibt ihm im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens die Entscheidung überlassen, welche Zeit für eine ordnungsgemäße Begutachtung notwendig ist. Bei der Festsetzung der Entschädigung ist lediglich nachzuprüfen, inwieweit der Sachverständige die Grenzen pflichtgemäßen Ermessens überschreitet (KG v. 13.9.1983 – 1 W 4272/82, Rpfleger 1984, 77). Diese Prüfung, bei der eine gewisse Zurückhaltung geboten ist, darf nicht dazu führen, dass das Gericht die Stundenzahl nach freiem Ermessen bestimmt (KG v. 13.9.1983 – 1 W 4272/82, Rpfleger 1962, 124); es bedarf sorgfältiger Erwägungen, inwieweit die benötigte Zeit das Maß des bei Berücksichtigung aller Umstände objektiv erforderlichen Aufwands übersteigt (KG v. 13.9.1983 – 1 W 4272/82, Rpfleger 1962, 124, Rpfleger 1984, 77).
Deswegen ist grundsätzlich von den Zeitangaben des Sachverständigen auszugehen. Ein Anlass für eine nähere Nachprüfung besteht jedoch dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ganz eindeutig außergewöhnlich hoch erscheint (KG v. 13.9.1983 – 1 W 4272/82, Rpfleger 1984, 77; ähnlich OLG Düsseldorf JurBüro 1996, 43; OLG Hamm v. 23.12.1986 – 23 W 213/85, MDR 1987, 419; OLG Köln v. 21.10.1998 – 4 WF 82/98, OLGR 1999, 115; Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 21. Aufl., § 3 Rz. 22).
Dass das LG in dem angefochtenen Beschluss den vom Beteiligten zu 1) selbst mit 54 Stunden mitgeteilten Zeitaufwand auf insgesamt 23 Stunden gekürzt hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden: Zwar ist zweifelhaft, ob man bei der Kürzung des angegebenen Aufwands von jeweils 2 Stunden für das Aktenstudium und für Terminabsprachen auf jeweils 1 1/2 Stunden überhaupt von einem ganz eindeutig außergewöhnlich hohen Zeitaufwand ausgehen kann. Selbst wenn man jedoch insoweit den vom Beteiligten zu 1) mitgeteilten Zeitaufwand von je 2 Stunden zugrunde legt und damit eine weitere Stunde Zeitaufwand für Aktenstudium und Terminabsprachen ...