Entscheidungsstichwort (Thema)

Fassadenanstrich keine bauliche Veränderung; Aufnahme von Verrechnungen in die Jahresabrechnung. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es kann im Rahmen einer mit Mehrheit zu beschließenden modernisierenden Instandsetzung liegen, auf eine nur mit einem Naturputz versehene Fassade nachträglich einen Farbanstrich aufzutragen.

2. Die Abrechnung ist grundsätzlich eine reine Einnahmen- und Ausgabenaufstellung; jedoch können als Ausgaben auch solche Beträge aufgenommen werden, die von der Mehrheit der Wohnungseigentümer mit der Genehmigung der Abrechnung als Auslagen eines Wohnungseigentümers für das Gemeinschaftseigentum anerkannt und mit dem von ihm geschuldeten Wohngeld verrechnet werden oder für die dem Wohnungseigentümer eine Gutschrift erteilt wird.

 

Normenkette

WEG § 22 Abs. 1, § 28 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 79/91 (WEG))

LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 198/91)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. und der Verwalterin wird der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 5. Mai 1992 – 85 T 198/91 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. gegen den Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 24. Juli 1991 – 70 II 79/91 – betreffend die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 7. Februar 1991 zu TOP 1, 3 und 4 gefassten Beschlüsse zurückgewiesen hat; im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten; außergerichtliche Kosten sind insoweit nicht zu erstatten.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 58.000,– DM.

 

Gründe

Der Beteiligte zu 2. hat mit notarieller Teilungserklärung vom 21. November 1988 (UR 751/1988 des Notars … in Berlin) das Grundstück in 16 Eigentumswohnungen und zwei Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Das Teileigentum Nr. 18 besteht im wesentlichen aus dem Dachgeschoß. In § 3 der Teilungserklärung wird dem Eigentümer dieses Teileigentum unter der Überschrift „Sonderrecht zum Dachgeschoßausbau” ein weitgehendes Ausbau- und Umwandlungsrecht in Wohnungseigentum eingeräumt. Diese Vorschrift der Teilungserklärung haben die Wohnungseigentümer durch die notariell beurkundete Vereinbarung vom 29. Juni 1989 (UR 398/1989 des Notars …) dahin erweitert, daß der Eigentümer des Teileigentums Nr. 18 eine genau bezeichnete Teilfläche des Dachbereichs begrünen und die dafür erforderlichen Baumaßnahmen durchführen darf; ihm ist außerdem das Sondernutzungsrecht an der Begrünungsfläche eingeräumt. – Der Beteiligte zu 3. ist Eigentümer des Teileigentums Nr. 18. Er hat es ausgebaut und dabei auch umfangreiche Eingriffe in die Dachkonstruktion vorgenommen und die Innenhofseiten hochgemauert.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat in der Versammlung vom 7. Februar 1991 u. a. die folgenden Mehrheitsbeschlüsse gefaßt, die noch Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind:

Zu TOP 1: Der Fassadenanstrich soll zum Preis von ca.

58.000,– DM

erneuert werden.

Zu TOP 3: Die Änderung der Jahresabrechnung 1989 wird genehmigt.

zu TOP 4: Die Jahresabrechnung 1990 wird genehmigt.

zu TOP 7:

  1. Beschluß:

    Der den Dachausbau durchführende Wohnungseigentümer Winkelmann erhält „… die alleinige Nutzungsberechtigung des Dachgeschosses einschließlich der angeschlossenen Terrassen …”.

  2. Beschluß:

    Dem Dachgeschoßausbau „… entsprechend der Hauptbaugenehmigung und der Tekturgenehmigung …” wird zugestimmt.

Auf den rechtzeitigen Anfechtungsantrag des Antragstellers hat das Amtsgericht u. a. die zu TOP 1, 3, 4 und 7 gefaßten Wohnungseigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt. Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. hat das Landgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die zu TOP 3 und 4 genehmigten Abrechnungen 1989 und 1990 nur teilweise insoweit für ungültig erklärt werden, als darin die Kosten für die Arbeiten an den Strangleitungen enthalten sind. Gegen diesen Beschluß richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. und der Verwalterin. Sie beantragen, die Anfechtungsanträge in vollem Umfang zurückzuweisen.

I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

Die Beteiligten zu 2. und 3. sind durch die angefochtene Entscheidung beschwert, weil das Landgericht ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen hat. Der Beschwerdewert ist offensichtlich überschritten.

Auch die Rechtsbeschwerde der Verwalterin ist zulässig. Nach § 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 2 WEG ist sie materiell Beteiligte im Anfechtungsverfahren. Sie ist deshalb auch befugt, im eigenen Namen Rechtsmittel gegen solche gerichtlichen Entscheidungen einzulegen, durch die ein Wohnungseigentümerbeschluß für ungültig erklärt wird.

II. Die Rechtsbeschwerde ist teilweise, nämlich wegen der zu TOP 1, 3 und 4 gefaßten Wohnungseigentümerbeschlüsse begründet.

1.Zu TOP 1 (Fassadenan...

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