Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsrechtliche "Sperre" bei fristwahrender Berufung und Rücknahme nach Ablauf der Begründungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Wird die zur Fristwahrung eingelegte und unbegründet gebliebene Berufung zurückgenommen, so ist dem Rechtsmittelgegner lediglich die hälftige Prozessgebühr zu erstatten, wenn er den Sachantrag auf Zurückweisung der Berufung vor Ablauf der Begründungsfrist gestellt hat. Dies gilt auch bei Rücknahme der Berufung erst nach Ablauf der Begründungsfrist jedenfalls dann, wenn nicht nach Ablauf der Frist und vor Rücknahme der Berufung ein (erneuter) Sachantrag auf Verwerfung des Rechtsmittels gestellt wurde.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1; BRAGO § 32 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 18.03.2004; Aktenzeichen 15 O 260/03) |
Tenor
In Änderung des angefochtenen Beschlusses werden die nach dem Beschluss des KG vom 23.1.2004 von den Antragsgegnern an den Antragsteller zu erstattenden Kosten auf - nur je 405,94 EUR (in Worten: vierhundertfünf 94/100 EUR) nebst Zinsen i.H.v. 5 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.1.2004 festgesetzt.
Der weiter gehende Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 394,34 EUR für jeden Antragsgegner hat der Antragsteller zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.1. Mit Beschl. v. 23.1.2004 (KG, Beschl. v. 23.1.2004 - 5 U 318/03) hat das KG den Antragsgegnern je zur Hälfte die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt, nachdem sie die Berufung gegen das Urteil des LG Berlin vom 5.8.2003 (LG Berlin, Urt. v. 5.8.2003 - 15 O 260/03) zurückgenommen haben.
Entsprechend dem Kostenfestsetzungsantrag vom 30.1.2004 hat das LG die von den Antragsgegnern an den Antragsteller zu erstattenden Kosten der Berufungsinstanz auf je 800,28 EUR nebst Zinsen festgesetzt und dabei eine 13/10-Prozessgebühr gem. §§ 11 Abs. 1 S. 4, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO nach einem Streitwert von 50.000 EUR für den mit Schriftsatz vom 14.11.2003 gestellten Antrag auf Zurückweisung der Berufung zugrundegelegt.
2. Gegen den am 1.4.2004 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss haben die Antragsgegner am 15.4.2004 rechtzeitig per Fax sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 14.6.2004 begründet. Sie machen geltend: Es sei "allenfalls eine 13/20-Prozessgebühr angemessen", da für den Antragsteller außer der bloßen Antragstellung vom 14.11.2003 keine weitere Tätigkeit in der Berufungsinstanz angefallen sei. Die Berufung mit Schriftsatz vom 13.10.2003 sei nur fristwahrend mit der Erklärung eingelegt worden, innerhalb der laufenden Begründungsfrist sei "noch abschließend zu klären, ob und in welcher Form das Berufungsverfahren überhaupt durchgeführt wird". Mit Schriftsatz vom 12.11.2003 sei die Verlängerung der Frist um einen Monat bis 15.12.2003 beantragt worden, da die Durchführung des Berufungsverfahrens aus terminlichen Gründen immer noch nicht abschließend habe geklärt werden können. Die Berufungsrücknahme sei dann nach gerichtlichem Hinweis auf den Fristablauf mit dem am 20.1.2004 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 12.11.2003 erklärt worden, ohne dass bis dahin für die Gegenseite Veranlassung bestanden habe, hinsichtlich des unbegründet gebliebenen Rechtsmittels eine weitere Tätigkeit zu entfalten.
Der Antragsteller hält dem entgegen: Die Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO setze im Rechtsmittelverfahren nicht voraus, dass das Rechtsmittel begründet werde. Sie sei nicht nach § 32 Abs. 1 BRAGO zu ermäßigen, da die Stellung eines Sachantrages auf Zurückweisung des Rechtsmittels ebenfalls nicht voraussetze, dass das Rechtsmittel begründet worden sei. Die Antragsgegner hätten ihr Rechtsmittel nicht innerhalb der verlängerten Begründungsfrist zurückgenommen. Sie könnten dem Erstattungsbegehren daher auch nicht entgegenhalten, dass sie das Rechtsmittel zunächst nur fristwahrend eingelegt hätten. Hilfsweise macht der Antragsteller eine zusätzliche 13/10-Prozessgebühr nach einem Kostenwert von 1.715,75 EUR für den mit Schriftsatz vom 26.1.2004 gestellten Antrag gem. § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO geltend.
3. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
Der Einzelrichter hat die Sache gem. § 568 S. 2 ZPO auf den Senat übertragen.
II.1. Die sofortige Beschwerde richtet sich, wie aus der Beschwerdebegründung hervorgeht, gegen den Ansatz der 13/10-Prozessgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO statt der von den Beschwerdeführern für erstattungsfähig gehaltenen 13/20-Gebühr gem. § 32 Abs. 1 BRAGO.
2. Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet. Gegen die Antragsgegner ist lediglich die unstrittig entstandene hälftige Prozessgebühr gem. § 32 Abs. 1 BRAGO festzusetzen. In Höhe der weiteren Hälfte ist die Prozessgebühr gem. §§ 11 Abs. 1 S. 4, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zwar entstanden, sie ist aber nicht nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig, da die Stellung des sie auslösenden Sachantrages zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im ...