Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 09.06.2010; Aktenzeichen (506) 70 Js 1450/06 Kls (2/07)) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Berlin vom 9. Juni 2010 wird mit der Maßgabe verworfen, dass ihm weitere 258,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Dezember 2009 aus der Landeskasse Berlin zu erstatten sind.
Im Übrigen wird das Rechtsmittel verworfen.
Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin beim Landgericht Berlin wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Landeskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels der Bezirksrevisorin und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Der Wert der durch den Angeklagten eingelegten Beschwerde beträgt 2.379,28 Euro. Der Wert der Beschwerde der Bezirksrevisorin beträgt 476,96 Euro.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Beschuldigten Anklage wegen Vergewaltigung zum Landgericht und wenig später wegen Urkundenfälschung zum Amtsgericht Tiergarten erhoben. Nachdem das Landgericht im Jahr 2007 die Hauptverhandlung nach fünf Verhandlungstagen und das Amtsgericht im Folgejahr zwei Hauptverhandlungen ausgesetzt hatten, hat das Landgericht das Verfahren wegen des Vergehensvorwurfs übernommen und zu seinem Verfahren hinzuverbunden. Im Jahr 2009 ist der Angeklagte nach zehn Verhandlungstagen durch das Landgericht wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 100,- Euro verurteilt und von dem Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Nach dem rechtskräftigen Urteil fallen die notwendigen Auslagen des Angeklagten, soweit er freigesprochen worden ist, der Landeskasse zur Last.
Der Angeklagte hat mit Antrag vom 17. Dezember 2009, zuletzt geändert am 6. Mai 2010, Gebühren und Auslagen für seine Verteidigung in Höhe von insgesamt 7.207,29 Euro geltend gemacht. Der Rechtspfleger hat bei 14 Gebührenansätzen Abschläge vorgenommen und einen Betrag von 4.334,- Euro anerkannt. Davon hat er eine Quote von 10% als auf die Verurteilung entfallend abgezogen. Zu den verbleibenden 3.900,60 Euro hat er antragsgemäß die Auslagen (Nrn. 7000 und 7002 VV RVG) sowie die Umsatzsteuer hinzugerechnet und einen Erstattungsbetrag von 4.709,01 Euro festgesetzt. Über die den achten Verhandlungstag betreffende Terminsgebühr ist dabei mangels Fälligkeit des Erstattungsanspruchs noch nicht entschieden worden.
Gegen die Festsetzung wenden sich der Angeklagte und die Bezirksrevisorin mit der sofortigen Beschwerde. Der Angeklagte erstrebt die Erstattung seiner notwendigen Auslagen im zuletzt beantragten Umfang. Die Bezirksrevisorin beantragt auf der Grundlage einer auf den Freispruch entfallenden Quote von 81%, dem Angeklagten 4.232,05 Euro aus der Landeskasse zu erstatten.
Die Rechtsmittel sind zulässig. Dies gilt auch für die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin, obwohl sie der Auffassung ist, dass dem Angeklagten insgesamt ein die bisherige Festsetzung übersteigender Betrag, nämlich 5.102,45 Euro, zusteht (vgl. Bd. 4 Bl. 246). Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens und damit der sofortigen Beschwerde sind aber nur die durch den Angeklagten geltend gemachten Auslagen für das Verfahren vor dem Landgericht. Da sie hierfür die Festsetzung eines geringeren Betrags (4.232,05 Euro) erstrebt, ist sie durch die angefochtene Entscheidung beschwert.
Das Rechtsmittel des Angeklagten ist in geringem Umfang begründet. Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin ist unbegründet. Dem Angeklagten steht insgesamt ein Erstattungsanspruch in Höhe von 4.967,71 Euro zu.
1. Zwar entscheidet der Rechtspfleger im Falle des Teilfreispruchs grundsätzlich selbst, ob er im Kostenfestsetzungsverfahren den Erstattungsanspruch nach der Differenztheorie (vgl. hierzu ausführlich OLG Koblenz, Beschluss vom 10. September 2007 - 1 Ws 191/07 - bei juris; OLG Karlsruhe StV 1998, 609) oder nach sachgerechter Schätzung durch eine Quotelung bestimmt. Die Wahl der Methode steht dabei in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. Senat StraFo 2009, 261; OLG Koblenz StraFo 99, 105).
Die Entscheidung des Rechtspflegers, den Erstattungsbetrag nicht nach der Differenzmethode, sondern durch eine Quotelung nach § 464d StPO zu ermitteln, entspricht nicht pflichtgemäßem Ermessen. Denn bereits die Überlegungen des Rechtspflegers zur Anwendbarkeit der Differenztheorie sind nicht nachvollziehbar. Auch kann der Senat der Differenzierung nach "echtem Teilfreispruch" und "vollständigem Freispruch" (nach Verbindung) nicht folgen. Gleiches gilt für die Überlegungen, die zur Bestimmung der Quote führen. Warum die durch den Verteidiger in dem amtsgerichtlichen Verfahren erbrachten Bemühungen hier lediglich im Umfang "einer gewissen Tätigkeit" Eingang finden sollen, erschließt sich nicht.
Der Senat bestimmt daher im Rahmen seiner Sachentscheidungskompetenz (§ 309 Abs. 2 StPO) auch die Berechnungsmethode.
Der Senat erachtet es als zweckmäßig und daher vorzugswürdig, den Er...