Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Beschluss vom 09.02.2012; Aktenzeichen 256 Ds 35/10)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors am Amtsgericht Tiergarten wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 9.2.2012 dahingehend abgeändert, dass die zu erstattenden Gebühren und Auslagen des teilweise Freigesprochenen auf 99,06 Euro festgesetzt werden.

  • 2.

    Die Landeskasse hat die Kosten des Rechtsmittels sowie die Hälfte der im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen des teilweise Freigesprochenen zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgerichts Tiergarten hat dem Verurteilten nach vorheriger Anhörung durch Beschluss vom 17.5.2010 Rechtsanwalt xxx als Pflichtverteidiger beigeordnet. Mit Schreiben vom 22.5.2010 hat Rechtsanwalt Schäfer angezeigt, den Verurteilten als Wahlverteidiger zu vertreten: Das Amtsgericht hat daraufhin am 29.6.2010 Rechtsanwalt xxx entpflichtet und die ihm zu zahlende Vergütung für Grundgebühr und Pauschalen auf 211,17 Euro festgesetzt.

Am 6.1.2011 hat das Amtsgericht Tiergarten den Verurteilten zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen Bedrohung verurteilt und ihn im übrigen - wegen einer ebenfalls angeklagten weiteren Bedrohung - aus tatsächlichen Gründen auf Kosten der Landeskasse Berlin freigesprochen. Das Urteil ist seit dem 23.6.2011 rechtskräftig.

Am 3.1.2012 hat der Wahlverteidiger des Verurteilten beantragt,

unter Festsetzung insgesamt entstandener Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 706,44 Euro und Zugrundelegung einer Quote von 50 Prozent für den Freispruch 388,12 Euro als erstattungsfähige notwendige Auslagen des teilweise Freigesprochenen festzusetzen.

Der vor Entscheidung des Rechtspflegers angehörte Bezirksrevisor beim Amtsgericht Tiergarten hat sich gegen die beantragte Festsetzung gewandt. Da das vom Wahlverteidiger angegebene Gesamthonorar dem entspreche, was der Verurteilte zu zahlen gehabt hätte, wenn er nur wegen des Anklagevorwurfs, der zur Verurteilung geführt habe, verteidigt worden wäre, liege nach der Differenzmethode kein erstattungsfähiger Betrag vor.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9.2.2012 hat das Amtsgericht Tiergarten die dem Verurteilten zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 247,64 Euro festgesetzt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass in diesem Fall nicht nach der Differenzmethode vorzugehen, sondern eine Quotelung vorzunehmen sei. Von der veranschlagten Gesamtvergütung in Höhe von 706,44 Euro sei die bereits geleistete Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 211,47 Euro abzuziehen. Der Restbetrag sei entsprechend der vom Wahlverteidiger angesetzten Quote von 50 Prozent zu halbieren.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors, die der Beschwerdeführer ergänzend damit begründet, dass im Falle einer Quotelung allenfalls eine Quote von einem Fünftel in Betracht komme und mangels eines notwendigen Verteidigerwechsels ohnehin nur die Auslagen erstattet werden könnten, die wegen eines Verteidigers entstanden wären, so dass sich letztlich kein ausscheidbares Verteidigerhonorar ergebe.

II.

Die sofortige Beschwerde ist in Anbetracht des Beschwerdewertes von über 200,00 Euro statthaft, als solche zulässig (§§ 464b Satz 3 StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 311 Abs. 2 Satz 1 StPO), aber nur teilweise begründet.

Die notwendigen Auslagen des teilweise Freigesprochenen fallen der Landeskasse Berlin in Höhe von 99,06 Euro zur Last:

Der Rechtspfleger hat im Rahmen seiner Berechnung durchaus vertretbar im Wege der Quotelung - und nicht nach der Differenzmethode- die erstattungsfähigen Auslagen berechnet. Die Wahl der Berechnungsmethode steht grundsätzlich im Ermessen des Rechtspflegers (Kammergericht, Beschluss vom 5.12.2008 - T Ws 283/08). Für den von der Beschwerdebegründung vorgetragenen Ermessensfehlgebrauch gibt es keine Anhaltspunkte. Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts (Beschluss vom 24.11.2011 - 1 Ws 113-114/10) ist die Differenzmethode nur in besonderen Fällen vorzugswürdig, in denen die Anklagevorwürfe, derentwegen ein Freispruch erfolgt, klar abgrenzbar sind, etwa weil insoweit gesondert verhandelt wurde oder bekannt ist, an welchem Verhandlungstag über diese Taten verhandelt worden ist. Vorliegend ist eine solche Abgrenzung Jedoch gerade nicht möglich. Denn wie die Beschwerdebegründung selbst zutreffend feststellt, entstammen die angeklagten Taten "demselben Lebenssachverhalt", darüber hinaus sind "die Beteiligten, zum Teil einschließlich der Zeugen [...], dieselben". Vor diesem Hintergrund war die Bemessung mittels Quotelung durchaus angezeigt.

Jedoch ist der Beschwerdebegründung insoweit zuzustimmen, als die Quote für den Teilfreispruch entgegen dem angefochtenen Beschluss lediglich mit einem Fünftel zu bemessen ist. Es handelt sich bei den angeklagten Taten zwar um zwei der abstrakten Strafandrohung nach gleichwertige Delikte der Bedrohung gemäß § 241 StGB. Aber der Bedrohung, derentwegen die Verurteilung erfolgt ist, kam konkret ein höheres Gewicht zu. Denn erstens äußerte der Verurt...

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