Nachgehend

LG Berlin (Beschluss vom 27.03.2012; Aktenzeichen 538 Qs 20/12)

 

Tenor

In der Strafsache ...

hier

...

geboren am 01.01.1978 in Baqah,

wohnhaft ...

jordanischer Staatsangehöriger,

Verteidiger

Rechtsanwalt Georg C. Schäfer, Schloßstr. 26, 12163 Berlin,

werden nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Amtsgericht Tiergarten die nach dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgericht Tiergarten vom 06.01.2011 von der Landeskasse an den Freigesprochenen zu erstattenden Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes auf 247,64 € festgesetzt.

 

Gründe

Der Verteidiger hat die Festsetzung notwendiger Auslagen in Höhe von 388,12 € beantragt.

Zu diesem Antrag hat sich der Bezirksrevisor wie folgt geäußert:

"Rechtsanwalt Schäfer hat beantragt, die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Falle des Freispruchs auf insgesamt 388,12 € festzusetzen.

Bei Teilüberbürdung notwendiger Auslagen hat die Landeskasse nur die ausscheidbaren Auslagen zu erstatten, d.h. nur insoweit, als die Verteidigung sich dadurch verteuert hat, dass der Angeklagte sich auch gegen den Vorwurf wehren musste, von dem er mit Anspruch auf Auslagenerstattung freigesprochen wurde. Erstattungsfähig ist somit nur der rechnerische Teil der Verteidigergebühr, der das Honorar übersteigt, das der Angeklagte zu zahlen hätte, wenn er nur wegen des Vorwurfs verfolgt worden wäre, der zu seiner Verurteilung geführt hat. Es wird darauf hingewiesen, dass der ausscheidbare Betrag auf Grund der Anwendung der Differenzmethode wesentlich geringer ausfällt, als eine gesonderte Bewertung des Freispruchs. Die Verhandlung mehrerer Tatvorwürfe in einem Verfahren ist grundsätzlich preiswerter als die Verhandlungen getrennten Verfahren. Dies ist hier zu berücksichtigen.

Soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, hat er seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen.

Im vorliegenden Fall kann kein ausscheidbarer Betrag erstattet werden, da das von dem Verteidiger angegebene Gesamthonorar (Mittelgebühr) bereits voll dem Honorar entspricht das der Verurteilte zu zahlen gehabt hätte, hätte der Verteidiger ihn nur wegen des verurteilten Anklagepunktes vertreten.

Die Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG und die Kopiekosten gem. Nr. 7000 VV RVG entfallen ebenso auf das fiktive Honorar bzgl. des verurteilten Teils und sind nicht ausscheidbar.

Eine Erstattung ist somit nicht möglich.

Es wird noch darauf hingewiesen, dass vom ausscheidbaren Betrag die bereits erstatteten Pflichtverteidigergebühren (Rechtsanwalt Stegemann) abzuziehen sind, da kein notwendiger Verteidigerwechsel vorlag."

Der Ansicht des Bezirksrevisors kann nicht gefolgt werden. Eine Anwendung der Differenzmethode kommt hier nicht in Betracht, da es bereits an der entsprechenden Voraussetzung, nämlich der Bestimmung auch des fiktiven Honorars durch den Verteidiger, mangelt (vgl. hierzu LG Berlin, Beschluss vom 03.06.2010 zu Az 533 Qs 138/10).

Im Übrigen ist hier der Berechnung durch Quotelung der Vorzug zu geben, da nach hiesigen' Ermessen die vom Bezirksrevisor bevorzugte Differenzmethode dem Sachverhalt nicht ausreichend gerecht wird.

Nach überwiegender Rechtsprechung sind die Pflichtverteidigergebühren bei Anwendung der Differenzmethode auf den ausscheidbaren Betrag in voller Höhe anzurechnen . Diese Anrechnung liegt der Stellungnahme des Bezirksrevisors zu Grunde und hat zur Folge, dass sich kein ausscheidbarer Betrag ergibt. Bei dieser Verfahrensweise würde der Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils nicht hinreichend Rechnung getragen, da insoweit der anwaltlichen Tätigkeit bezüglich der zum Freispruch führenden Vorwürfe nicht ausreichend gewürdigt werden würde. Zumal auch zu beachten ist das die anrechenbaren Pflichtverteidigergebühren nicht für Rechtsanwalt Schäfer sondern für den zunächst beigeordneten und dann abgeordneten Rechtsanwalt Stegemann entstanden sind.

Bei der Ermittlung des zu erstattenden Betrages durch Quotelung wird jedoch die erstattete Pflichtverteidigervergütung von dem Gesamthonorar abgezogen. Insofern ergibt sich ein Restbetrag, von dem mittels Bruchteilsberechnung der von der Landskasse zu erstattende Betrag zu ermitteln ist.

Die von Rechtsanwalt Schäfer beantragte Gesamtvergütung in Höhe von 706,44 € wird durch den Bezirksrevisor nicht bestritten und ist nicht als unbillig hoch anzusehen.

Hiervon ist eine bereits an Rechtsanwalt S... ausgezahlte Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 211,47 € abzuziehen. Damit ergibt sich ein Restbetrag in Höhe von 495,27 €.

Die vom Verteidiger angesetzte Quote von 50% ist hinsichtlich der Bedeutung der Sache für den Angeklagten, dem Umfang und der Schwierigkeit der Verteidigertätigkeit bezüglich des Freispruchs und der Verurteilung als angemessen zu bewerten.

Somit ergibt sich ein zu erstattender Betrag in Höhe von 247,64 €.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3955516

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