Leitsatz (amtlich)
Eine Werbung mit einer Preisherabsetzung muss eindeutig erkennen lassen, ob sich der reduzierte Preis auf einen früheren Eigenpreis des Werbenden, auf den vom Hersteller empfohlenen Preis oder auf einen allgemein am Markt verlangten Preis bezieht. Eine Werbung mit einer Preisherabsetzung ist daher irreführend, wenn der Preis auf den sich die Herabsetzung beziehen soll, nicht klar definiert und eindeutig ist. Ein Preisvergleich ist ferner irreführend, wenn er dem angesprochenen Verkehr nur eine scheinbare Objektivität und Marktübersicht vorspiegelt, ihm aber tatsächlich keine nachprüfbare Tatsachenbasis zugrunde liegt.
Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Adressat einer Preiswerbung versteht den Hinweis auf den "Neupreis" einer Ware als Hinweis auf denjenigen Einzelverkaufspreis, den der Markt (einer Auswertung des konkreten Marktgeschehens zufolge) für diese Ware hergibt oder (bei zu einem früheren Zeitpunkt auf den Markt gebrachter Saisonware) hergegeben hat.
Es ist allgemein üblich und entspricht daher dem Erwartungshorizont der angesprochenen Verkehrskreise, dass bei einer Auflistung mehrerer Textilfasern, aus denen ein Kleidungsstück oder sonstige Textilien gefertigt sind, an erster Stelle diejenige Faser genannt wird, die den größten Anteil eines aus mehreren Materialien hergestellten Textilerzeugnisses ausmacht, und sich an diese Materialangabe Angaben zu den weiteren Materialien nach Maßgabe ihres prozentualen (Gewichts-)Anteils in absteigender Reihenfolge anschließen (vgl. hierzu Art. 9 Abs. 1 der Textilkennzeichnungsverordnung). Stellt der Werbende eine bestimmte Textilfaser als die Zusammensetzung prägenden Bestanteil heraus, muss diesem Verkehrsverständnis Rechnung getragen werden.
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.12.2019; Aktenzeichen 15 O 50/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Dezember 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 15 O 50/18 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Februar 2020 bei einem Streitwert von 15.000,00 EUR durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
A. Der Kläger, die [...], nimmt die Beklagte, die unter der Adresse www.[...].com einen Onlineshop unterhält, über den sie unter anderem gebrauchte Bekleidung vertreibt, und von ihr vertriebene Gebrauchtwaren zudem über die Online-Verkaufsplattform [...] zum Kauf anbietet, zum einen auf Unterlassung verschiedener Angaben zum Preis der von ihr angebotenen Produkte im eigenen Onlineshop und zum anderen auf Unterlassung von Angaben in Anspruch, die sie auf der Online-Verkaufsplattform [...] zu den (Roh)stoffen, aus denen die von ihr angebotene Bekleidung gefertigt ist, macht. Darüber hinaus macht der Kläger einen Anspruch auf Erstattung einer Kostenpauschale geltend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der in der ersten Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die in dem am 20. Dezember 2019 verkündeten Urteil des Landgerichts Berlin - 15 O 50/18 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. Februar 2020 getroffenen Feststellungen Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:
Das Landgericht hat der Klage gerichtet auf (1.) es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, (a.) für den Gebrauch gebrauchter Kleidung mit dem Hinweis "bis zu 90 % unter dem Neupreis" zu werben, wenn dies geschieht wie in der Anlage K3 wiedergegeben, und/oder (b.) für den Verkauf von gebrauchter Kleidung dem eigenen Verkaufspreis einen höheren durchgestrichenen Verkaufspreis gegenüber zu stellen, wenn der höhere durchgestrichenen Preis erläutert wird mit "* von uns geschätzter Neupreis für diesen Artikel", wenn dies geschieht wie in der Anlage K3 wiedergegeben; und/oder (c.) in Zusammenhang mit dem Verkauf gebrauchter Bekleidung auf eine Preisersparnis mit dem Hinweis "-X Prozent" zu werben, wenn dies geschieht, wie in der Anlage K3 wiedergegeben; und/oder in Zusammenhang mit dem Verkauf gebrauchter Bekleidung auf eine Preisersparnis mit dem Hinweis "X EUR gespart" zu werben, wenn dies geschieht, wie in der Anlage K14 wiedergegeben, sofern sich die beworbene Preisersparnis auf einen "geschätzten Neupreis" bezieht; (d.) gebrauchte Textilbekleidung mit widersprüchlichen Angaben zur textilen Zusammensetzung zu bewerben, wie in der Anlage K7 und/oder Anlage K8 und/oder Anlage K9 geschehen - hilfsweise mit der Maßgabe, dass "widersprüchliche Angaben" durch "nicht übereinstimmende und/oder unvollständige Angaben" ersetzt wird - mit dem Hauptantrag stattgegeben. Es hat die Beklagte ferner auf den Klageantrag zu (2.) verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 267,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. März 2018 zu zahlen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimierten Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG zu.
Die ...