Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 14.03.2016; Aktenzeichen 69 VI 548/14, 69 IV 371/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) werden unter Zurückweisung ihrer weiter gehenden Beschwerde gegen den Beschluss des AG Schöneberg - Nachlassgericht - vom 14.3.2016 die Tatsachen für festgestellt erachtet, die für den Erlass des mit dem Hilfsantrag zu Ziffer 2. im Schriftsatz des Notars Dr. D.vom 29.11.2016 S. 2 f. (Bl. 150 der Nachlassakten) beantragten Erbscheins erforderlich sind.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Erblasser ist am 20.8.2012 in Italien (Südtirol) verstorben. Aus seiner Ehe mit der Beteiligten zu 1) sind die Beteiligten zu 2) und 3) hervorgegangen. Außerdem hatte er ein nicht eheliches Kind - die Beteiligte zu 4). Sein Vermögen bestand im Wesentlichen aus einem Grundstück und dem darauf befindlichen, von den Eheleuten bewohnten Einfamilienhaus in Italien. Nachlassvermögen in Deutschland ist nicht vorhanden. Die Eheleute hatten beide die deutsche Staatsangehörigkeit und lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Der Erblasser hat unter dem 23.4.2004 (Bl. 2 der Testamentsakte des AG Schöneberg 69 IV 371/14) ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament verfasst, in dem er verfügt hat, dass von allem, was er nach seinem Tode hinterlasse, seine Ehefrau "den verfügbaren Teil von ¼ erhalten" solle. Außerdem solle sie ein Wohnungs- und Nutzungsrecht an Haus und Garten des Wohngrundstücks erhalten. Der Hausrat solle nicht aufgeteilt werden, über den gesamten Hausrat solle seine Ehefrau bestimmen. Für den Fall, dass seine Ehefrau gemeinsam mit ihm versterben sollte, verfügte er, dass die Beteiligten zu 2) und 3) "den verfügbaren Anteil von 1/3" seiner Hinterlassenschaft zu gleichen Teilen erben. Sie sollten über den gemeinsamen Hausrat bestimmen und ein lebenslanges Wohnrecht an Haus und Garten des Wohngrundstücks erhalten.

Das Testament hatte er gemeinsam mit einem Artikel aus der in Südtirol erscheinenden deutschsprachigen Zeitung "Die Dolomiten" mit dem Titel "Der letzte Wille" vom 4.2.2004 aufbewahrt, in dem erbrechtliche Ausführungen zum italienischen Recht enthalten sind und anhand einer Tabelle zur testamentarischen Erbfolge erläutert wird, welcher "Pflichtteil" je nach Vorhandensein von pflichtteilsberechtigten Erben jeweils auf den Ehegatten, die Kinder und/oder sonstige Verwandte entfällt und welcher "Verfügbarer Teil" übrig bleibt. Aus der Tabelle ergibt sich, dass bei dem Vorhandensein eines Ehegatten und mehrerer Kinder auf den Ehegatten ein "Pflichtteil" von ¼ und auf die Kinder von insgesamt ½ entfällt, so dass ein "Verfügbarer Teil" von ¼ verbleibt, während bei dem Vorhandensein von mehreren Kindern ohne Ehegatten auf diese ein "Pflichtteil" von insgesamt 2/3 entfällt und ein "Verfügbarer Teil" von 1/3 verbleibt (Bl. 12 der Akte).

Die Beteiligten zu 1) bis 3) haben mit dem notariellen Antrag vom 3.3.2015 die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der die Beteiligte zu 1) als Erbin zu ¾ und die Beteiligten zu 2) bis 4) als Erben zu je einem Zwölftel ausweist. Denn der Erblasser habe die Beteiligte zu 1) um das freie Viertel begünstigen wollen. Da er über den restlichen unverfügbaren Teil von ¾ nicht verfügt habe, tatsächlich aber deutsches Erbrecht anwendbar sei, stehe ihr des Weiteren noch der nach deutschem Recht unter Berücksichtigung der Erhöhung wegen der Zugewinngemeinschaft auf sie entfallende gesetzliche Erbteil von insgesamt ½ zu (§ 1931 Abs. 1, 3 i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB). Das restliche Viertel müssten sich die Kinder teilen. Die Beteiligte zu 4) hat sich dieser Ansicht angeschlossen.

Auf richterlichen Hinweis hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz vom 4.3.2016 hilfsweise beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der ihre Mutter als Erbin zu ½ und die Abkömmlinge zu je 1/6 als Erben ausweist.

Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag vom 2.3.2015 zurückgewiesen aus den Gründen seines Hinweises vom 3.12.2015, wonach testamentarische Erbfolge eingetreten sei. Da der Erblasser irrtümlich davon ausgegangen sei, dass italienisches Recht Anwendung finde, erhalte die Ehefrau neben dem gesetzlichen Erbteil von ¼ zusätzlich noch ein weiteres Viertel. Zu einer Anwendung von § 1371 BGB komme es gar nicht.

Der Beschluss wurde der Beteiligten zu 2) am 31.3.2016 zugestellt. Mit der am 13.4.2016 eingegangenen Beschwerde ihres verfahrensbevollmächtigten Notars verfolgt sie den abgewiesenen Hauptantrag weiter. Auf den Hinweis des Senats, dass er die Beschwerde gegen den Hauptantrag nicht für begründet erachtet, der Hilfsantrag jedoch erfolgversprechend erscheint, verfolgt sie nunmehr mit Schriftsatz ihres verfahrensbevollmächtigten Notars vom 29.11.2016 auch im Beschwerdeverfahren hilfsweise den erstinstanzlichen Hilfsantrag weiter.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde hat hinsichtlich des Hilfsantrages Erfolg; im Übrigen ist sie nicht begründet.

1. Die ...

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