Leitsatz (amtlich)
Zur Abwehr von § 93 ZPO ist auch im Äußerungsrecht grundsätzlich eine Abmahnung notwendig.
Normenkette
ZPO § 93
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 6 O 37/22) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 5. August 2022 - 6 O 37/22 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
A. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 99 Absatz 1 Satz 1, 567 Absatz 1 Nummer 1 ZPO statthaft und zulässig, insbesondere frist- und formgerecht (§ 569 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 ZPO), aber unbegründet.
Nach § 93 ZPO fallen die Prozesskosten dem Kläger zur Last.
I. Die Beklagte hat dem Kläger durch ihr Verhalten keine Veranlassung gegeben, am 7. Juni 2022 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Denn der Kläger hat die Beklagte zuvor nicht ausreichend abgemahnt, was auch im Äußerungsrecht zur Abwehr von § 93 ZPO aber grundsätzlich notwendig ist (siehe nur OLG München, Beschluss vom 2. Mai 2000 - 21 W 988/00, NJW-RR 2001, 42; KG, Beschluss vom 11. Juni 1999 - 9 W 2247/99, NJW-RR 2000, 516; LG Berlin, Urteil vom 19. Januar 2010 - 27 O 962/09, AfP 2011, 79; BeckOK ZPO/Jaspersen, 48. Ed. 1.3.2023, ZPO § 93 Randnummer 43; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Auflage 2018, Kapitel 12 Randnummer 106 ff.).
1. Nach oder im Telefonat am 6. Mai 2022 traten die Parteien durch ihre Prozessbevollmächtigten unstreitig zunächst in Vergleichsverhandlungen über eine mögliche umfassende außergerichtliche Lösung ein. Zu diesem Zeitpunkt bestand daher für die Beklagte noch kein ausreichender Anlass, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Im Telefonat am 30. Mai 2022 verhandelten die Parteien durch ihre Prozessbevollmächtigten weiter. Für das Telefonat am 3. Juni 2022 gilt dies der Sache nach auch, auch wenn der Kläger dem Vorschlag der Beklagten nicht zustimmen wollte. Sähe man dies anders, änderte sich nichts. Denn jedenfalls muss eine Abmahnung dem Unterlassungsschuldner einen Weg weisen, den Unterlassungsgläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, Randnummer 20 zur Urheberrecht). Dazu muss die Verletzungshandlung konkret und präzise angegeben werden, damit der Schuldner erkennen kann, was ihm in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorgeworfen wird (Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Auflage 2018, Kapitel 12 Randnummer 107). Dies gilt auch für eine mündliche Abmahnung. Sollte es daher am 6. Mai 2022 oder später mündliche Abmahnungen gegeben haben, ist für diese nicht schlüssig vorgetragen, dass sie diesem Maßstab genügt haben. Aus den vom Kläger zum Wettbewerbsrecht zitierten Entscheidungen OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29. Januar 1987 - 6 W 284/86, GRUR 1988, 32 und LG Heidelberg, Urteil vom 28. August 2019 - 12 O 25/19 KfH, GRUR-RS 2019, 27350 folgt nichts anderes.
2. Die dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom Freitag, 3. Juni 2022, 21:59 Uhr, übersandte E-Mail enthielt zwar eine Abmahnung. Die darin gesetzte Frist auf Pfingstmontag, 6. Juni 2022, der keine vorformulierte Unterlassungserklärung beilag, musste die Beklagte aber nicht bis zur Stellung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 7. Juni 2022 nachkommen. Denn der Kläger durfte erst für den 7. Juni 2022 mit einem Zugang der Abmahnung rechnen und musste im Fall wenigstens zwei Tage, also bis zum Ablauf des 8. Juni 2022 auf eine Reaktion warten. Auf die Frage, ob die Abmahnung ausreichend war, kommt es daher nicht an.
II. Die Beklagte hat den Anspruch unstreitig sofort anerkennt.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 97 Absatz 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 15718813 |
NJ 2023, 317 |