Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbeschwerde wegen verweigerter Terminverlegung
Orientierungssatz
Orientierungssatz:
1. Da es sich bei der Entscheidung über einen Antrag auf Terminverlegung um eine Ermessensentscheidung handelt, muss die Rechtsbeschwerde alle tatsächlichen Umstände vortragen, aus denen sich die Ermessensfehlerhaftigkeit der beanstandeten Entscheidung ergeben soll.
2. Macht ein Verteidiger geltend, wegen eines anderen Gerichtstermins verhindert zu sein, kann bei der Entscheidung über den Verlegungsantrag ein bedeutender Prüfstein sein, welche Ladung zuerst bewirkt wurde.
Normenkette
OWiG § 74 Abs. 2, § 79; StPO § 344 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 12.01.2021; Aktenzeichen 324 OWi 642/21) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 12. Januar 2021 wird verworfen.
Zutreffend erkennt der Rechtsmittelführer, dass es sich bei der Entscheidung über einen Antrag auf Terminsverlegung um eine Ermessensentscheidung handelt (für viele: BGH NJW 1992, 84). Daraus ergibt sich zwanglos, dass das Rechtsmittel alle tatsächlichen Umstände vorzutragen hat, aus denen sich die Ermessensfehlerhaftigkeit der beanstandeten Entscheidung ergibt.
Abgesehen davon, dass die Rechtsbeschwerde nicht dartut, warum der Betroffene, auf dessen unentschuldigtes Fernbleiben es bei § 74 Abs. 2 OWiG ausschließlich ankommt, zur Hauptverhandlung nicht gekommen ist, lässt sie solchen tatsächlichen Vortrag vermissen, der es dem Senat ermöglichte, Ermessensfehler auszumachen. Die Rechtsbeschwerde teilt mit, die Ladung zu einem vom Verteidiger offenbar als vorrangig empfundenen Gerichtstermin sei ihm am 25. November 2021 zugegangen, also zu einem Zeitpunkt, als die Ladung in hiesiger Sache längst bewirkt war. Der Zeitpunkt der Ladungsbewirkung ist aber ein wichtiger Prüfstein bei der Entscheidung über einen Verlegungsantrag, so dass es - jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt - nahegelegen hätte, den Verlegungsantrag in der Sache zu stellen, in welcher später geladen wurde. Ausführungen zu dieser Sache beschränken sich darauf, sie werde ganztägig vor der großen Strafkammer des Landgerichts (gemeint vermutlich: Berlin) verhandelt. Auch warum es dem Betroffenen nicht zumutbar gewesen sein soll, sich durch einen anderen - ggf. unterbevollmächtigten - Rechtsanwalt verteidigen zu lassen, ist der Rechtbeschwerde nicht zu entnehmen. Zumindest wäre hier der Tatvorwurf mitzuteilen gewesen. Auch Ausführungen zur Beweislage wären zu erwarten gewesen, um dem Senat eine Überprüfung der beanstandeten Ermessensentscheidung zu ermöglichen.
Die Erklärung, die "Verhinderungsgründe" seien gegenüber dem Tatgericht "vollumfänglich dargestellt" worden, ist in der Rechtsbeschwerde unbehelflich. Nach allgemeinen Grundsätzen müssen sich die Umstände, welche die Ermessensentscheidung als fehlerhaft erscheinen lassen, aus der Rechtsbeschwerdeschrift selbst ergeben (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Unverständlich ist es zudem, dass der Verteidiger, der keinen Entbindungsantrag gestellt hatte, keinen Vertreter zu der Hauptverhandlung entsandte, um deren Durchführung er sicher wusste. Das Verwerfungsurteil war zwingende Folge dieses anwaltlichen Agierens.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI15217588 |