Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche des Mieters im Falle der Mehrfachvermietung
Verfahrensgang
AG Berlin-Mitte (Urteil vom 31.01.2008; Aktenzeichen 18 C 315/07) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31.1.2008 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 18 des AG Mitte wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die Berufung war durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 3.7.2008 verwiesen. Der Senat sieht auch nach erneuter Beratung und unter Berücksichtigung der Schriftsätze der Beklagten vom 11.8. und 17.9.2008 keinen Anlass, davon abzuweichen. Ohne Erfolg machen die Beklagten erstmals mit diesen Schriftsätzen geltend, dass die Wohnung zwischenzeitlich von einem Dritten weitervermietet worden sei. Denn es kann mangels schlüssigen und substantiierten Vortrags der Beklagten nicht festgestellt werden, dass es den Beklagten unmöglich geworden ist, den Klägern den Besitz an der Wohnung mit den sich im Einzelnen aus dem amtsgerichtlichen Urteil ersichtlichen Ausstattungen einzuräumen. Wenn eine Sache mehrfach vermietet wird, sind alle Verträge gültig; die kollidierenden schuldrechtlichen Ansprüche haben denselben Rang, so dass jeder Mieter vom Vermieter Erfüllung verlangen kann, ohne Rücksicht darauf, ob er der erste oder zweite Mieter ist (Staudinger/Emmerich, BGB, 2006, § 536 BGB Rz. 47; OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 77; OLG Köln ZMR 1998, 696; OLG Brandenburg OLGReport Brandenburg 1993, 329). Zwar wird angenommen, dass sobald der Vermieter einen der verschiedenen Mietverträge erfüllt hat, dann die anderen Mieter ihren Erfüllungsanspruch verlieren, weil dann der Vermieter außerstande sei, diesen zu erfüllen, § 275 BGB (vgl. BGH ZMR 1962, 175; OLG Köln ZMR 1998, 696; LG Berlin GE 1991, 357; vgl. Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 536 BGB Rz. 48; Häublein in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 536 BGB Rz. 25). Der Erfüllungsanspruch scheitert jedenfalls dann an § 275 Abs. 1 BGB, sofern feststeht, dass der Vermieter die Sache von dem besitzenden Mieter nicht mehr - z.B. durch Kündigung oder Abstandszahlung - zurück erlangen kann. Das heißt - anders ausgedrückt, dass der nichtbesitzende Mieter Besitzeinräumung gem. § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen kann, solange die Behebung des Leistungshindernisses nicht ausgeschlossen ist (BGH, Urt. v. 12.3.2003 - XII ZR 18/00, BGHReport 2003, 722 = NZM 2003, 476 = NJW 2003, 2158; MünchKomm/Häublein, a.a.O., § 536 BGB Rz. 25; Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl., § 536 BGB Rz. 21; Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 536 BGB Rz. 30; Wolf/Eckert/Ball., Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 202; vgl. AG Lichtenberg NZM 2003, 714 mit NW; OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 137 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Dass ihnen die Erfüllung rechtlich oder tatsächlich nicht (mehr) möglich ist, haben die Beklagten als Schuldner des Erfüllungsanspruchs darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH NJW 1999, 2034). Die Beklagten haben hierzu jedoch nicht ausreichend vorgetragen. Die Beklagten haben behauptet, dass die streitgegenständlichen Räumlichkeiten mittlerweile "von einem Dritten weitervermietet " worden seien. Sie haben hierzu die ersten beiden Seiten eines Mietvertrages vorgelegt, nach denen als Vermieter ein Herr John O'G und als Mieter ein Herr G J M aufgetreten sind. Die Beklagten, die Eigentümer des Grundstücks sind, erklären nicht, aus welchen Gründen Herr O'G berechtigt gewesen sein soll, einen Mietvertrag mit einem Dritten abzuschließen, und in welchem Verhältnis sie, die Beklagten, zu Herrn O'G stehen. Sie tragen auch nichts dazu vor, welche Bemühungen sie unternommen haben, den Mietvertrag zu beenden und dass diese Bemühungen aus welchen Gründen gescheitert sind. Solange nicht auszuschließen ist, dass durch Vereinbarungen mit den Beklagten das Leistungshindernis beseitigt werden kann, können die Kläger die Einräumung des Besitzes verlangen. Ein möglicherweise gegebenes Unvermögen des Vermieters erlangt dann erst in der Zwangsvollstreckung Bedeutung (vgl. BGH, Urt. v. 12.3.2003 - XII ZR 18/00, a.a.O.; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O., Rz. 202)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Wert des Streitgegenstandes der Berufung wird auf 4.369,44 EUR festgesetzt.
Fundstellen
NZM 2008, 889 |
ZMR 2009, 119 |
MDR 2009, 320 |
Info M 2009, 272 |
MietRB 2009, 127 |
OLGR-Ost 2009, 45 |