Leitsatz (amtlich)
Für Einigungsgespräche i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RGV ist notwendig, dass eine Partei ihre Interessen und Wünsche zu nicht rechtshängigen Ansprüchen mit dem Einverständnis der anderen Partei eingebracht hat und erwartete und erwarten durfte, dass hierüber potentiell Erfolg versprechende Gespräche geführt werden würden.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 15.07.2009; Aktenzeichen 31 O 481/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des LG Berlin - 31 O 481/07 - vom 15.7.2009 in Fassung des Beschlusses vom 19.8.2009 abgeändert und der Gebührenstreitwert auf 146.322 EUR festgesetzt.
Der Antrag der Beschwerdeführer wird abgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Klage vom 30.11.2007 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner Klage auf Zahlung von 146.322 EUR wegen Rückzahlung eines Darlehns. Nach schriftlichen Vorverfahren fand am 19.5.2008 Termin statt. Den Termin nahmen die Beschwerdeführer als Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin wahr. Nach dem Termin ordnete das LG das Ruhen des Verfahrens an und ersuchte eine auf Wunsch der Parteien der Klage mit einer Mediation betraute Richterin in entsprechender Anwendung von §§ 278 Abs. 5 Satz 1, 362 ZPO, auf Wunsch der Parteien der Klage nach Beendigung der Mediation das Verfahren wieder aufzurufen und eine Güteverhandlung einschließlich der Protokollierung eines ggf. abzuschließenden Vergleichs durchzuführen. Die mit der Mediation betraute Richterin führte am 11. und 14.7.2008 Mediationsgespräche. Die Parteien der Klage trafen dort für ihre gemeinsame Tochter eine Umgangsregelung. Ein Gesamtvergleich kam nicht zustande, so dass das LG das Verfahren wieder aufnahm. Unter Ziff. IV eines Gedächtnisprotokolls über die Termine vermerkte die Mediatorin im Gespräch benannte "Interessen/Wertvorstellungen" der Parteien der Klage.
Nach Abschluss der Mediationsgespräche bat die Vertreterin des Beschwerdegegners um Festsetzung des Streitwerts für den Teilvergleich. Mit Schriftsatz vom 17.4.2009 baten auch die Beschwerdeführer um Festsetzung des Streitwerts, allerdings "unter Berücksichtigung von Ziff. IV des Gedächtnisprotokolls". Mit Beschluss vom 22.5.2009 entschied das LG, dass der Wert des Teilvergleichs den Streitwert um 3.000 EUR übersteigt. Mit Schriftsatz vom 11.6.2009 wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er die Festsetzung des Streitwerts für die Terminsgebühr begehrt habe. Mit Beschluss vom 15.7.2009 setzte das LG darauf hin unter Nutzung der Angaben der Ziff. IV des Gedächtnisprotokolls den Wert für die Terminsgebühren des Mediationsgesprächs auf 475.489,50 EUR fest. Mit Schreiben vom 7.8.2009 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die im Gedächtnisprotokoll angegebenen Werte ihrer Ansicht nach unzutreffend seien und widersprach dem Beschluss. Dem traten die Beschwerdeführer entgegen. Für den Fall, dass das LG einen anderen Wert festsetze, legten sie Anschlussbeschwerde ein. Mit Beschluss vom 19.8.2009 half das LG der Beschwerde der Beschwerdeführerin ab und setzte den Wert für die Terminsgebühren auf 308.632 EUR fest. Die Anschlussbeschwerde verwarf es als unzulässig.
Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit bei Gericht am 14.9.2009 eingegangenem Schreiben, die Beschwerdeführer hingegen mit bei Gericht am 15.9.2009 eingegangenem Fax Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin rügt, dass das gesprochene Wort in der Mediation als Ansatz für eine Terminsgebühr nicht tauge. Die Beschwerdeführer rügen, dass das Gericht bei der Abhilfe einseitig Angaben der Beschwerdeführerin gefolgt sei.
II.1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist gem. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft, zulässig und begründet.
a) Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 Satz 3 zwar nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Eine Zustellung ist aber nicht feststellbar. Der Senat muss daher davon ausgehen, dass die Beschwerdefrist gewahrt ist.
b) Gemäß § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz RVG kann ein Rechtsanwalt eine Terminsgebühr in derselben Angelegenheit nur einmal verlangen. Mit der Terminsgebühr sind sämtliche Vertretungsfälle nach Vorbem. 3 III Teil 3 RVG-VV abgegolten. Die Terminsgebühr für den Termin am 19.5.2008 betrug 146.322 EUR. Sie erhöhte sich nicht durch die Teilnahme an Mediationsgespräch.
aa) Die Terminsgebühr richtet sich zwar nach dem höchsten Gegenstandswert während des Prozessauftrags (Hansens in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl. 2007, Teil 8 Rz. 272). Und die Teilnahme am Mediationsgespräch war nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RGV auch "Termin", wobei offen bleiben kann, ob man das gerichtliche Mediationsverfahren gebührenrechtlich als Bestandteil des gerichtlichen Verfahrens ansieht (vgl. OLG Celle v. 5.12.2008 - 2 W 261/08, NJW 2009, 1219; OLG Rostock v. 12.10.2006 - 8 W 27/06, OLGReport Rostock 2007, 159 [161]; OVG Greifswald v. 6.6.2006 - 1 O 51/06, NordÖR 2006, 299; Greger, ZKM 2003, 240 [24...