Entscheidungsstichwort (Thema)
Jahresübergreifende Abrechnung von Sanierungsarbeiten
Leitsatz (amtlich)
1. Es widerspricht nicht Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer mehrjährige Bauarbeiten am Schluss erstmalig jahresübergreifend abrechnen.
2. Bei Zweifeln über die Bestandskraft von vorschussweisen Sonderumlagebeschlüssen ist die Eigentümermehrheit nicht gehindert, im Zuge der Abrechnung der tatsächlichen Baukosten nochmals bestätigend über die Vornahme der Bauarbeiten zu beschließen und den auf die Baukosten entfallenden Teil der Jahresabrechnung als „Sonderumlage” zu bezeichnen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 16.04.2002; Aktenzeichen 85 T 353/01 WEG) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 291/00 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 5.624,21 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum bezeichneten Anlage. Ihnen gehört die Wohnung Nr. 11, auf die ein Miteigentumsanteil von 2.083,85/100.000stel entfällt, wonach sich auch ihr Anteil an den Betriebskosten richtet.
In den Jahren 1998 und 1999 wurden Sanierungsarbeiten an der Fassade des Gebäudes durchgeführt, wofür im Jahre 1998 Kosten von 210.634,09 DM und im Jahre 1999 Kosten von 76.649,85 DM, insgesamt also 287.283,94 DM, entstanden. Der erste Sonderumlagenbeschluss vom 6.2.1998 i.H.v. 200.000 DM wurde aus formellen Gründen im Beschlussanfechtungsverfahren für ungültig erklärt. Der zweite ergänzende Sonderumlagenbeschluss vom 8.5.1998 über die Aufstockung der Sonderumlage um 60.000 DM wurde bestandskräftig, die Antragsteller wurden insoweit zur Zahlung ihres Anteils von 1.250,31 DM durch den rechtskräftigen Beschluss des LG vom 25.1.2000 zur Zahlung verpflichtet. Die im Jahre 1998 entstandenen Baukosten wurden in der Jahresabrechnung 1998 nicht abgerechnet. Die Abrechnung der gesamten Baukosten erfolgte vielmehr erstmalig mit der Jahresabrechnung 1999, die Gegenstand des vorliegenden Beschlussanfechtungsverfahrens ist. Die Verwalterin ging dabei wie folgt vor: Sie ließ unter TOP 5 die bereits gefassten Sonderumlagebeschlüsse vom 6.2.1998 und 26.5.1998 mit einem Volumen von 260.000 DM bestätigen. In die Gesamtjahresabrechnung setzte die Verwalterin die tatsächlichen Gesamtkosten von 287.283.94 DM abzgl. der eingegangenen Sonderumlage von 274.131,73 DM (Minusdifferenz von 13.152,21 DM) ein und kam auf Gesamtausgaben von 112.208,44 DM. Hiervon setzte sie die Minusdifferenz von 13.152,21 DM ab und kam auf „echte Kosten 1999”, also für alle Betriebskosten ohne die Baukosten, auf den Betrag von 99.056,23 DM. Ausgehend von diesem Betrag erstellte die Verwalterin für die Antragsteller einen Einzelabrechnung, endend mit einem Soll von 2.224,80 DM, dem Vorschusszahlungen von 12 × 192 DM, also 2.304 DM gegenüberstanden. Ausgehend von den tatsächlichen Baukosten von 287.283,94 DM erstellte die Verwalterin nach dem Miteigentumsanteil der Antragsteller eine gesonderte Einzelabrechnung vom 18.4.2000 über 5.986,57 DM. Letzterer Betrag war Gegenstand des Parallelverfahrens 70 II 160/01 AG Charlottenburg = 85 T 360/01 LG Berlin = 24 W 183/02 KG.
In der Eigentümerversammlung am 5.5.2000, zu der die Verwaltung unter Übersendung einer Tagesordnung mit Schreiben vom 18.4.2000 eingeladen hatte, wurden mehrheitlich folgende Anträge zu TOP 2, TOP 4 und TOP 5 angenommenen:
TOP 2: „Die Wohngeldabrechnung 1999 inkl. der Abrechnung über die entstandenen Baukosten für die Fassadensanierung (Kosten 287.283,94 DM) wird in der vorliegenden Form als Einzel- und Gesamtabrechnung verabschiedet. Die Zahlungsverpflichtung entsteht mit der Beschlussfassung.”
Zu TOP 4 wurde der Verwaltung Entlastung für das Jahr 1999 erteilt.
TOP 5: „Die Durchführung der Fassadensanierung mit einem Kostenrahmen von ca. 260.000 DM gemäß den Beschlüssen aus den Eigentümerversammlungen vom 6.2.1998 (TOP 4 der dortigen Tagesordnung) und vom 26.5.1998 (TOP 2 der dortigen Tagesordnung) wird unter gleichzeitiger Bildung von Sonderumlagen erneut beschlossen und die bereits gefassten Beschlüsse bestätigt.”
Die Antragsteller haben diese Eigentümerbeschlüsse angefochten und dazu vorgetragen, die Wohngeldabrechnung 1999 entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, da in sie Kosten für die Fassadensanierung eingeflossen seien, die größtenteils bereits vor dem 1.1.1999 bezahlt worden seien. Demgemäß sei auch die Verwalterentlastung für ungültig zu erklären. Der erneute Beschluss zur Durchführung der Fassadensanierung mit einem Kostenrahmen von ca. 260.000 DM sei aufzuheben, weil die Fassadensanierung im Zeitpunkt dieser Beschlussfassung bereits seit eineinhalb Jahren abgeschlossen gewesen sei.
Das AG hat mit Beschluss vom 29.6.2001 die Anfechtungsanträge zurückgewiesen. Das LG hat mit dem angefochtenen Bes...