Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagebefugnis aufgrund Veräußerungsbeschlusses. grundlose Prozeßaufspaltung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das mit absoluter Mehrheit beschlossene Veräußerungsverlangen gemäß WEG § 18 Abs. 1 und 3 enthält regelmäßig die Ermächtigung zur Mandatserteilung für die Entziehungsklage gegen den Störer,

2. Erledigt sich die Entziehungsklage schon vor Zustellung dadurch, daß der Beklagte die Wohngeldrückstände begleicht, so sind die Anwaltskosten der Kläger aus dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens zu ersetzen.

3. Nicht notwendig und nicht erstattungsfähig sind dabei aber diejenigen Mehrkosten, die durch grundlose Aufspaltung der gegen einen Mehrfacheigentümer für alle seine Wohnungen gerichteten Klage in eine Vielzahl von Prozessen angefallen sind.

 

Normenkette

VEG § 18 III; ZPO 91 I; BGB § 254 I

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 29.05.1991; Aktenzeichen 150/191 T 162/88 (WEG))

AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 70 II 48/85 (WEG))

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird teilweise aufgehoben und auf die Erstbeschwerde wird der Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten weitergehend geändert:

Zu Nr. 2. des Tenors des Beschlusses des Landgerichts wird in Satz 2 die Verpflichtung zur Freistellung auf 26.824,20 DM herabgesetzt, jedoch eine Verzinsung dieses Betrages in Höhe von 4 % seit dem 26. September 1985 angeordnet; die weitergehende Erstbeschwerde wird zurückgewiesen.

Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten der jetzigen Rechtsbeschwerdeinstanz haben die Antragsteller als Gesamtschuldner einerseits und die Antragsgegnerin andererseits je zur Hälfte zu tragen. Im übrigen fallen die Gerichtskosten den Antragstellern als Gesamtschuldnern zu 7/9 und der Antragsgegnerin zu 2/9 zur Last.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dieser Rechtsbeschwerde wird auf 80.452,65 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist teilweise sachlich gerechtfertigt. Die zulässige Anschlußbeschwerde der Beteiligten zu 3. und 4. ist in vollem Umfang erfolgreich. Der angefochtene Beschluß ist nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 Abs. 1 FGG).

A.

Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin

Die Verfahrensbefugnis der Antragsteller ist bereits mit dem zurückverweisenden Beschluß des Senats vom 11. Mai 1988 – 24 W 4672/87 – bindend bejaht und wird mit der Rechtsbeschwerde ausdrücklich auch nicht in Zweifel gezogen.

Ohne Rechtsirrtum bejaht das Landgericht einen Freistellungsanspruch der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin aus der Prozeßführung hinsichtlich der Entziehungsklagen dem Grunde nach. Der angefochtene Beschluß nimmt rechtlich einwandfrei an, daß bei Mandatierung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller ein gültiger Eigentümerbeschluß nach § 18 Abs. 1 WEG vorlag, nämlich der Mehrheitsbeschluß vom 22. März 1984, dessen Gültigkeit später rechtskräftig bestätigt wurde; im übrigen würde bis zu einer Aufhebung den Antragstellern auch § 32 FGG zugute kommen. Jedenfalls kann das Vorliegen eines Entziehungsbeschlusses (§ 18 Abs. 1 WEG) nicht mehr in Frage gestellt werden.

Rechtsfehlerfrei geht das Landgericht davon aus, daß damals eine günstige Prognose dahingehend zu stellen war, daß die besonderen Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG vorlagen. Ein insoweit erheblicher Zahlungsrückstand betreffend die fraglichen Wohnungen der Antragsgegnerin war bereits rechtskräftig tituliert, nämlich am 3. Februar 1984, d.h. vor Beschlußfassung am 22. März 1984 und der Mandatierung des Verfahrensbevollmächtigten. Für das Frühjahr 1984 kann deshalb der Zahlungsverzug der Antragsgegnerin nicht mehr in Frage gestellt werden. Deshalb kommt es rechtlich nicht darauf an, ob Einzelwirtschaftspläne und Mahnungen durch die Verwaltung festzustellen sind.

Rechtsirrtumsfrei hat das Landgericht angenommen, daß die bis Ende April 1984 im Wege der Zwangsvollstreckung beigetriebenen Beträge gemäß § 366 Abs. 2 BGB anteilig auf die insgesamt titulierte Forderung von 21.912,25 DM zu verrechnen ist und damit für alle hier noch strittigen Wohnungen der Rückstand nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG bleibt.

Rechtlich einwandfrei nimmt der angefochtene Beschluß des Landgerichts an, daß der die Entziehung einleitende Mehrheitsbeschluß vom 22. März 1984 sofort zur Klageerhebung führen sollte und eine Ermächtigung zur Mandatserteilung an einen Rechtsanwalt namens aller Wohnungseigentümer mit Ausnahme der Antragsgegnerin enthielt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin durfte prozeßrechtlich nur ein Verfahren pro Wohneinheit eingeleitet werden. Jedem weiteren würde die Einrede der Rechtshängigkeit entgegenstehen. Dieses eine Verfahren hätte Rechtskraft für und gegen alle Wohnungseigentümer geschaffen, entweder weil alle Partei sind oder weil die Antragsteller in gewillkürter Prozeßstandschaft alle außer der Antragsgegnerin vertreten durften. Soweit in den eingeleiteten konkreten Prozessen nicht alle übrigen Wohnungseigentümer a...

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