Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtnichtigkeit eines Veräußerungsvertrages über volkseigenes Grundstück wegen Nichtigkeit des vereinbarten Vorkaufsrechts. Grundbuch
Leitsatz (amtlich)
1. Die unter der Geltung der Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR getroffene Vereinbarung eines im Grundbuch einzutragenden Vorkaufsrechts (§§ 306 ff. ZGB-DDR), wonach bei Ausübung des Vorkaufsrechts ein bestimmter Kaufpreis zur Anwendung gebracht wird, ist nichtig (§ 68 Abs. 1 ZGB-DDR). Seit das Rechtsinstitut der Vormerkung nach dem Recht der ehemaligen DDR nicht mehr besteht, kann eine solche nichtige Vereinbarung auch nicht in die Vereinbarung eines durch Vormerkung zu sichernden vertraglichen Vorkaufsrechts umgedeutet werden.
2. Veräußerungsverträge nach dem Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990, in denen zugunsten der öffentlichen Hand als Veräußerer ein solches nichtiges Vorkaufsrecht vereinbart ist, sind unter diesem Gesichtspunkt insgesamt nichtig.
Normenkette
ZGB DDR § 68; ZGB DDR § 297; ZGB DDR § 306 ff.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 21.12.1993; Aktenzeichen 86 T 1016/93) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 23.000,– DM.
Gründe
In der ersten Abteilung des Grundbuchs über das im Ostteil Berlins belegene Grundstück war am 8. März 1990 das Eigentum des Volkes vermerkt. Mit Vertrag vom 28. Juni 1990, beurkundet vom Staatlichen Notariat Berlin der ehemaligen DDR, verkaufte der damalige Magistrat von Berlin das Grundstück an die später als Eigentümer eingetragenen Erwerber, auf die das Eigentum übergehen sollte, und beantragte, diese Rechtsänderung in das Grundbuch einzutragen. Als Kaufpreis waren 52.320,– Mark der ehemaligen DDR vereinbart, was einer Wertermittlung vom 24. und 27. Juni 1990 entsprochen habe. Der Vertrag beruhte auf dem von der Volkskammer der ehemaligen DDR beschlossenen Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. der ehemaligen DDR I Seite 157), worin grundsätzlich auch der Verkauf volkseigener Grundstücke an Privatpersonen vorgesehen war (sog. Modrow-Verkaufsgesetz). Unter 2. a) des Vertrages heißt es: „Die Erschienenen vereinbaren zugunsten des Magistrats von Berlin ein Vorkaufsrecht und beantragen die Eintragung in das Grundbuch. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts wird der Bodenpreis zur Anwendung gebracht, der in diesem Vertrag vereinbart war.” Diese Bestimmung ist in die nach dem Verkaufsgesetz abzuschließenden Verträge aufgenommen worden, weil die zunächst ohne dieses Vorkaufsrecht vorgenommenen zahlreichen Verkäufe nach dem Verkaufsgesetz in Politik und Öffentlichkeit Aufregung ausgelöst hatten. Die Verkäufe wurden daraufhin zunächst vorübergehend eingestellt und erst nach Einfügung der Vereinbarung des Vorkaufsrechts in die Verträge fortgesetzt. Nach Inkrafttreten der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990 wurden die Verkäufe nach dem Vertragsgesetz endgültig eingestellt. Eine Ausfertigung der Vertragsurkunde ging am 13. Juli 1990 beim damaligen Liegenschaftsamt zum Vollzug der gestellten Anträge ein. Beigefügt war die nach der Grundstücksverkehrsverordnung der ehemaligen DDR vom 15. Dezember 1977 (GBl. I 1978 Seite 73) unter dem 29. Juni 1990 erteilte Genehmigung des damaligen Magistrats von Berlin, Abteilung Finanzen. Die Anträge blieben zunächst unbearbeitet.
Der Rechtspfleger des inzwischen zuständig gewordenen Grundbuchamtes erließ zunächst eine Zwischenverfügung vom 24. September 1992, wonach die Genehmigung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen nach § 2 der Grundstücksverkehrsverordnung (in der Fassung des Einigungsvertrages) erforderlich sei. Er ließ diese Beanstandung später fallen, verfugte am 5. Juli 1993 die Eintragung der Erwerber als Eigentümer und wies durch Beschluß vom selben Tage den Antrag auf Eintragung des Vorkaufsrechts zurück, weil die Vereinbarung eines preisgebundenen Vorkaufsrechts nach dem maßgebenden Recht der ehemaligen DDR nicht zulässig sei. Die Erwerber wurden am 16. August 1993 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Dagegen hat das Land Berlin (Beteiligter) die dem Landgericht als Beschwerde vorgelegte Erinnerung eingelegt. Das Landgericht hat das Grundbuchamt angewiesen, in der zweiten Abteilung des Grundbuchs zugunsten des Beteiligten einen Amtswiderspruch gegen die Richtigkeit der Eigentümereintragung einzutragen, weil aus der Unwirksamkeit des Vorkaufsrechts die Nichtigkeit des gesamten Veräußerungsvertrages folge. Dem hat das Grundbuchamt am 17. Februar 1994 entsprochen. Gegen den Beschluß des Landgerichts richtet sich die weitere Beschwerde der eingetragenen Eigentümer.
Die weitere Beschwerde ist gemäß den nach dem Einigungsvertrag (Anlage I Kapitel III Sachgebiet B: Bürgerliches Recht, Abschnitt III Nr. 1 Buchst. g) in Verbindung mit Sachgebiet A: Rechtspflege, Abschnitt III Nr. 28 Buchst. i)) anwendbaren Vorschriften der §§ 78 bis 80 GBO zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, weil der angefochtene Beschluß...