Normenkette
Berliner Pressegesetz § 10
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 27 O 285/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 9.4.2002 wird der Beschluss des LG Berlin vom 4.4.2002 – 27 O 285/02 – aufgehoben und im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – gem. § 10 des Berliner Pressegesetzes i.V.m. §§ 935 ff. ZPO angeordnet:
I. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer der Zeitung „Bild”, in dem gleichen Teil des Druckwerkes und in gleicher Schrift wie der beanstandete Text ohne Einschaltungen und Weglassungen die folgende Gegendarstellung – unter Hervorhebung des Wortes „Gegendarstellung” als Überschrift durch drucktechnische Anordnung und Schriftgröße – zu veröffentlichen:
„Gegendarstellung
Hierzu stelle ich Folgendes fest:
Ich habe die Reporterin nicht angegriffen.
Berlin, 25.3.2002
Für Oliver Juhnke
Rechtsanwalt Christian-Oliver Moser”
II. Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Antragsgegnerin.
III. Der Verfahrenswert wird für beide Rechtszüge auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt den Abdruck einer Gegendarstellung zu einem Artikel in der von der Antragsgegnerin herausgegebenen Tageszeitung „B.” vom 18.3.2002, in dem über die Erhebung einer Anklage gegen den Antragsteller und die zugrunde liegenden Tatvorwürfe berichtet wird. Der Antragsteller stellt diese Vorwürfe in Abrede.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25.3.2002 hat der Antragsteller die Antragsgegnerin zum Abdruck der begehrten Gegendarstellung aufgefordert, was diese mit Schreiben vom 27.3.2002 abgelehnt hat.
Den am 2.4.2002 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Abdruck der Gegendarstellung hat das LG mit der Begründung zurückgewiesen, dem Antragsteller fehle das nach § 10 Berliner Pressegesetz erforderliche berechtigte Interesse.
Gegen diesen seinen Bevollmächtigten am 9.4.2002 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller noch am gleichen Tage sofortige Beschwerde eingelegt, der das LG nicht abgeholfen hat.
Die gem. §§ 567 Abs. 1 Ziff. 2, 569 ZPO zulässige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
Der Antragsteller wendet sich gegen einzelne in der Ausgangsmitteilung enthaltene Tatsachenbehauptungen. An dieser Einordnung ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Antragsgegnerin hier ausdrücklich auf Angaben Dritter, nämlich der Staatsanwaltschaft, bezieht. Derartige Behauptungen Dritter muss sich das Presseunternehmen – zumindest als Verbreiter – zurechnen lassen, sofern es sich nicht ernsthaft und nachhaltig von der Behauptung distanziert, was hier nicht geschehen ist. Insoweit kann sich der Betroffene daher auch gegen die in einer Berichterstattung wiedergegebenen Tatsachenbehauptungen Dritter mit einer Gegendarstellung wenden. Dies gilt gleichermaßen für Verdachtsäußerungen. Wird ein bestimmter Verdacht geäußert, kann der Betroffene darauf erwidern, da für das Recht zur Gegendarstellung nicht erforderlich ist, dass die Meldung als sicher hingestellt wurde oder gar falsch ist (vgl. Prinz/Peters, Medienrecht, Rz. 487, S. 364; Seitz/Schmidt/Schöner, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl., Rz. 319, S. 130).
Dies bedeutet aber nicht, dass gegen jedwede – auch zulässige – Verdachtsberichterstattung eine Gegendarstellung eröffnet wäre. Zu Recht hat das LG darauf hingewiesen, dass es für den Abdruck einer Gegendarstellung stets eines berechtigten Interesses bedürfe. Ein solches fehlt, wenn die Stellungnahme des Betroffenen bereits ausreichend in der Erstmitteilung enthalten ist (vgl. LG Düsseldorf, AfP 1992, 315; Prinz/Peters, Medienrecht, Rz. 492, S. 366). So ist, wie das LG zutreffend ausgeführt hat, ein Anspruch auf Gegendarstellung dann nicht gegeben, wenn der Betroffene lediglich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestreitet und dies in der Erstmitteilung bereits zum Ausdruck kommt. Dafür wiederum genügt aber nicht der bloße Umstand, dass über die Vorwürfe lediglich in Verdachtsform berichtet wird. Dann wäre gegen eine solche Berichterstattung nie ein Gegendarstellungsrecht gegeben. Auch zwingt dies den durchschnittlichen Leser keineswegs zu der Annahme, der so Verdächtigte bestreite die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. So kann Anklage auch erhoben werden, wenn sich der Beschuldigte gar nicht zur Sache eingelassen hat. Nach den Grundsätzen zulässiger Verdachtsberichterstattung ist es deshalb erforderlich, auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente zu berücksichtigen und insb. ist regelmäßig vor der Veröffentlichung eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen (BGH NJW 2000, 1036 [1037]). Daran aber fehlt es in der angegriffenen Berichterstattung. Dass der Beschuldigte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in Abrede stellt, kommt auch nicht auf geeignete andere – sprachliche – Weise zum Ausdruck. Da es die Antragsgegnerin versäumt hat, die im Rahmen zulässiger Verdachtsberichterstattung gebotene Stellungnahme des Betroffenen ein...