Leitsatz (amtlich)
1. Dass der Bußgeldbescheid die Schuldform nicht ausdrücklich bezeichnet, steht der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung in der Regel nicht entgegen, weil in diesem Fall regelmäßig vom Vorwurf fahrlässiger Tatbegehung auszugehen ist.
2. Rügt der Betroffene die Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren, muss dies durch eine klare Schilderung des Verfahrens geschehen. Unklare oder widersprüchliche Angaben führen zur Unzulässigkeit der Verfahrensrüge.
3. Es ist auch dann nicht rechtsfehlerhaft, auf das Regelfahrverbot zu erkennen, wenn der Betroffene geltend macht, es belaste ihn zurzeit konjunkturbedingt härter (hier: Covid 19).
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 26.05.2020; Aktenzeichen 303 OWi 889/19) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 26. Mai 2020 wird gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 29. Mai 2019 wegen eines fahrlässig begangenen (qualifizierten) Rotlichtverstoßes eine Geldbuße in Höhe von 200,00 € festgesetzt sowie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt und eine Wirksamkeitsbestimmung nach § 25 Abs. 2a StVG getroffen. Auf seinen hiergegen gerichteten Einspruch, den er in der - später ausgesetzten - Hauptverhandlung am 3. März 2020 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, hat ihn das Amtsgericht Tiergarten am 26. Mai 2020 zu einer Geldbuße von 250,00 € verurteilt, ihm für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen und eine Bestimmung über das Wirksamwerden des Fahrverbotes nach § 25 Abs. 2a StVG getroffen.
Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat mit Zuschrift vom 15. Juli 2020 beantragt, die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die von Amts wegen zu prüfende Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist gemäß § 67 Abs. 2 OWiG zulässig und wirksam.
Nach § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte - darunter auf den Rechtsfolgenausspruch - beschränkt werden, wenn der zugrunde liegende Bußgeldbescheid die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 OWiG erfüllt. Dies ist hier der Fall. Der Bußgeldbescheid lässt den Schuldvorwurf des (qualifizierten) Rotlichtverstoßes und die ihn tragenden Tatsachen eindeutig erkennen. Zwar sind ihm keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform zu entnehmen. Dies steht der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung indessen nicht entgegen. Aus dem Umstand, dass der Regelsatz des Bußgeldkatalogs verhängt worden ist, ist vielmehr zu folgern, dass dem Bußgeldbescheid die Annahme einer fahrlässigen Tatbegehung zugrunde liegt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 6. November 2019 - 3 Ws (B) 334/19 - und 6. März 2018 - 3 Ws (B) 73/18 -, juris). Der Schuldspruch und die Feststellungen zum (qualifizierten) Rotlichtverstoß gemäß den §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7, 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO, §§ 1 Abs. 1 und Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKatV, Abschnitt I lfd. Nr. 132.3 BKat i.V.m. § 24 Abs. 1 StVG sind somit in Rechtskraft erwachsen.
2. Mit den Verfahrensrügen dringt der Rechtsmittelführer nicht durch.
a) Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch das - soweit ersichtlich - behauptete Nichteingehen des Tatgerichts auf die Möglichkeit, von der Anordnung des Fahrverbotes gegen eine Erhöhung der Geldbuße abzusehen, ist nicht in einer nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Form erhoben und daher unzulässig.
Nach dieser Regelung muss die Rechtsmittelbegründung die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen angeben, so dass das Gericht allein aufgrund der Beschwerdeschrift prüfen kann, ob - für den Fall, dass das Beschwerdevorbringen zutrifft - ein Verfahrensmangel vorliegt (BGH, Beschluss vom 12. März 2013 - 2 StR 34/13 -, juris m.w.N.; Senat, Beschlüsse vom 18. Mai 2020 - 3 Ws (B) 107/20 -, 11. Mai 2020 - 3 Ws (B) 95/20 -, 5. Februar 2019 - 3 Ws (B) 3/19 -, juris; OLG Hamm NZV 2010, 214; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 63. Aufl., § 344 Rdn. 20f. m.w.N.). Daran fehlt es hier, da der Betroffene keine Umstände darlegt, die - ihr tatsächliches Vorliegen unterstellt - eine Verletzung des rechtlichen Gehörs begründen würden.
Das Gebot des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG soll sicherstellen, dass die erlassene Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrages des Betroffenen haben. Es gewährt aber keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag des Betroffenen aus Gründen des formellen ...