Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung fiktiven Einkommens bei PKH

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 04.09.2003; Aktenzeichen 33 O 563/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 23.9.2003 gegen den Beschluss der Zivilkammer 33 des LG Berlin vom 4.9.2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 3, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Im Ergebnis zu Recht hat das LG der Antragstellerin Prozesskostenhilfe verwehrt.

a) Da die Antragstellerin mit der beabsichtigten Prozessführung Ansprüche aus abgetretenem Recht verfolgt und ein gerechtfertigter Grund für die Prozessführung durch die Zessionarin weder vorgetragen wurde noch sonst ersichtlich ist, kommt es für die Prozesskostenhilfebedürftigkeit sowohl auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Zedenten als auch des Zessionars an (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 36 m.w.N.).

Dass die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dazu in der Lage ist, die Kosten der beabsichtigten Prozessführung aufzubringen, steht außer Streit. Auch der Zedent verfügte zum Zeitpunkt der Entscheidung des LG über das Prozesskostenhilfeersuchen, das grundsätzlich auch für die Einkommensfeststellung maßgeblich ist (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 251 m.w.N.), soweit ersichtlich ist, über kein eigenes Einkommen. Das LG hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Zedent „Einnahmen” aus Straftaten gegen das Betäubungsmittelgesetz erzielt hätte, mit denen er die beabsichtigte Prozessführung finanzieren könnte. Darauf dürfte es auch nicht ankommen, da derartige Mittel dem Verfall nach §§ 73 f. StGB unterliegen würden.

b) Im Ergebnis zu Recht verneint das LG jedoch die Bedürftigkeit mit der Erwägung, der Zedent habe nach Entstehen der Ansprüche, die mit der beabsichtigten Prozessführung durchgesetzt werden sollen, eine vorsätzliche Straftat begangen, die zu seiner Inhaftierung geführt hat, weshalb er nicht mehr dazu in der Lage ist, durch seine Arbeitskraft Einnahmen zu erzielen. Allerdings handelt es sich nicht um ein Problem der Mutwilligkeit i.S.d. § 114 ZPO. Mutwillig ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 114 Rz. 30 m.w.N.). Dafür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich.

Eine Partei muss sich jedoch zu ihrem Nachteil ein fiktives Einkommen anrechnen lassen, wenn sie durch ein böswilliges Verhalten in rechtsmissbräuchlicher Weise ihre Bedürftigkeit herbeiführt (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 246 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Der Zedent hat sich dadurch, dass er vorsätzlich eine Straftat gegen das Betäubungsmittelgesetz begangen hat, die zu seiner Inhaftierung geführt hat, der Möglichkeit begeben, seine Arbeitskraft durch eine – gesetzlich erlaubte – Tätigkeit gewinnbringend einzusetzen. Soweit die Antragstellerin meint, es sei nicht ihre Sache, näher auszuführen, welche – legalen – Verdienstmöglichkeiten der Zedent in Freiheit gehabt hätte (S. 2 des Schriftsatzes vom 29.7.2003, S. 2 der Beschwerdebegründung), folgt der Senat dem nicht. Die ins Einzelne gehende Erforschung aller Umstände, die zur Arbeitslosigkeit führen können, ist nicht Aufgabe des Prozessgerichts (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 246 m.w.N.). Vielmehr hat der Antragsteller darzulegen, aus welchem Grund er – bzw. in Fällen der Klage aus abgetretenem Recht der Zedent – einer Beschäftigung nicht nachgeht, da er seine Bedürftigkeit glaubhaft machen muss (OLG Düsseldorf v. 4.12.1986 – 6 WF 180/86, FamRZ 1987, 398; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 246 m.w.N.). Es ist Aufgabe des Antragstellers – bzw. des Zedenten – selbst für die berufliche Eingliederung zu sorgen und entsprechende Bemühungen darzulegen (OLG München NJW 1999, 433; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rz. 246 m.w.N.). Es wäre daher Sache der Antragstellerin gewesen, im Einzelnen darzulegen und glaubhaft zu machen, welche Bemühungen ihr Ehemann vor seiner Inhaftierung angestellt hat, um seinen Lebensunterhalt auf gesetzliche Weise zu bestreiten und warum dies gescheitert ist. Hierzu fehlt es an jeglichem Vortrag.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1130608

MDR 2004, 710

KG-Report 2004, 226

NJOZ 2004, 1546

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