Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensgegenstand bei Anfechtung einer Einzelabrechnung; unvollziehbare Änderung des Kostenverteilungsschlüssels. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1. Wendet ein Wohnungseigentümer sich in einem Beschlußanfechtungsverfahren unter Berufung auf einen unzutreffenden Kostenverteilungsschlüssel gegen seine Einzelabrechnung, so ist Verfahrensgegenstand das gesamte Jahresabrechnungswerk, weil die Einschränkung auf seine Einzelabrechnung verfahrensrechtlich sinnlos wäre.
2. Eine mit bestandskräftigem Mehrheitsbeschluß bestimmte Umstellung des Kostenverteilungsschlüssels von Miteigentumsanteilen auf anteilige Wohn- oder Nutzflächen ist unwirksam, wenn Zweifelsfragen (hier: Einbeziehung von Dachterrassenflächen) ausdrücklich offenbleiben und die Umstellung daher bereits rechnerisch nicht vollzogen werden kann.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, § 23 Abs. 4, § 28 Abs. 5
Beteiligte
II. die in dem angefochtenen Beschluß des Landgerichts Berlin vom 13. Juli 1995 – 85 T 18/95 – namentlich bezeichneten weiteren Miteigentümer zu 1) bis 46) |
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 411/94) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 18/95) |
Tenor
Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Berlin wird die Erstbeschwerde der Beteiligten zu II. gegen den Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 5. Dezember 1994 – 70 II 411/94 – insoweit zurückgewiesen, als das Amtsgericht den Eigentümerbeschluß vom 16. September 1994 zu TOP 5 für ungültig erklärt hat.
Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller drei Instanzen werden dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft 90 % auferlegt. Von den Gerichtskosten erster Instanz haben der Antragsteller zu 1) einerseits und die Antragsteller zu 2) und 3) als Gesamtschuldner andererseits je 5 % zu tragen, von den Gerichtskosten zweiter Instanz haben die Antragsteller zu 2) und 3) als Gesamtschuldner 10 % zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 64.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Nach der notariell beurkundeten Teilungserklärung vom 20. September 1984 bestanden in der Wohnanlage 35 Teil- bzw. Wohnungseigentumseinheiten und drei noch nicht ausgebaute Dachgeschoßeinheiten, die – wie in der Teilungserklärung bereits vorgesehen – später zu Dachgeschoßwohnungen ausgebaut wurden, wobei durch Unterteilung der Einheit Nr. 38 zusätzlich die Dachgeschoßwohnung Nr. 39 entstand. Die Miteigentumsanteile waren in der Teilungserklärung völlig gleichmäßig in Beziehung gesetzt zu den Wohn- bzw. Nutzflächen (ausgebaut oder noch nicht ausgebaut). Bei der Einheit Nr. 36 entsprachen beispielsweise 84,02 qm unausgebaute Nutzfläche 298,08/10.000 Miteigentumsanteilen. Nach der Teilungserklärung sollten die Eigentümer der unausgebauten Dachgeschoßräume Wohngeld an die Gemeinschaft erst nach endgültigem Ausbau dieser Räume zu Wohnzwecken zahlen und bis zum Fertigstellungstermin an der Hausabrechnung nicht teilnehmen. Weiter heißt es in der Teilungserklärung: „Nach Fertigstellung ist das Wohngeld unter Einbeziehung der neu gebauten Wohnungen insgesamt neu zu berechnen.”
Die Antragsteller zu 2) und 3) sind Eigentümer der Dachgeschoßwohnung Nr. 36, die nach dem Ausbau über 165,17 qm (statt ursprünglich 84,02 qm) Wohnfläche verfügen soll. Nach der Berechnung der Verwalterin entfallen von der neuen Gesamtwohnfläche damit faktisch 563,42/10.000 Anteile (2.931,54 geteilt durch 165,17) auf die Antragsteller zu 2) und 3). Die Gemeinschaft war bemüht, die in der Teilungserklärung vorgesehene Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels vorzunehmen.
Nach den in der Eigentümerversammlung vom 8. Juli 1994 zu TOP 9, 10 und 12 gefaßten Mehrheitsbeschlüssen sollten sämtliche Hausbewirtschaftungskosten einschließlich der Heizkosten rückwirkend ab 1. Januar 1993 statt nach den in der Teilungserklärung festgesetzten Miteigentumsanteilen gemäß den anteiligen Wohn-/Nutzflächen umgelegt werden. Dabei sollte es für die Einheiten Nr. 1–35 bei den in der Teilungserklärung angegebenen Wohn- bzw. Nutzflächen verbleiben, während für die Einheiten Nr. 36 – 39 die gemäß der 11. Berechnungsverordnung ermittelten Wohnflächen zum Ansatz kommen sollten. Allerdings wurde in dem Eigentümerbeschluß vom 8. Juli 1994 zu TOP 9 ausdrücklich offengelassen, ob und in welchem Maße Dachterrassen, Balkone und Loggien in die Flächenberechnung einbezogen sein sollen; dies sollte in einem weiteren Eigentümerbeschluß festgelegt werden. Die Antragsteller sollen eine Dachterrasse von ca. 38 qm innehaben. Nach Auffassung der Verwalterin und der Gemeinschaft würde die 11. Berechnungsverordnung die Möglichkeiten geben, die Flächen der Dachterrassen von null bis einhundert Prozent anzurechnen; fünfzig Prozent seien daher jedenfalls gerechtfertigt.
Zu der Eigentümerversammlung vom 8. Juli 1994 hatte die Verwalterin mit Schreiben vom 14. Juni 1994 auch die Antragsteller zu 2) und 3) eingeladen; allerdings war die Einladu...