Entscheidungsstichwort (Thema)
Mithaftung des Vorfahrtberechtigten/Beweis einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch Zeugen
Normenkette
StVO § 7 Abs. 5, § 10
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 33/06) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 ZPO).
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.
Gründe
1. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz nach einer Quote von 100 % in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 20.4.2005, der sich in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit einem unstreitigen Anfahren des Klägers vom rechten Fahrbahnrand mit Fahrstreifenwechsel nach links in den äußersten linken, vom Beklagtenfahrzeug befahrenen Fahrstreifen der insgesamt vierspurigen Kleiststraße ereignet hat, wobei der Kläger die Absicht hatte, zu wenden.
Zur Begründung hat er vorgetragen, der Fahrer des Beklagtenfahrzeuges habe sich mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von mindestens 100 bzw. 180 km/h genähert bevor es ungebremst in die linke Seite seines BMW gerast sei (Beweis: Sachver-ständigengutachten sowie Zeugnis seiner Beifahrerin Lea von Freital und Zeugnis des Waldemar Jastzebski, des Dennis Badel, des Björn Wilde sowie der Ester Schulze, wobei sich die drei letztgenannten auf dem Bürgersteig der Gegenfahrbahn der Kleiststraße befunden hätten). Vor seinem Ausfahren habe er sich durch Schulterblick und Blick in den Rückspiegel überzeugt, dass das gegnerische Fahrzeug bei normaler Geschwindigkeit weit genug entfernt gewesen sei, um ihm das kollisionsfreie Passieren zu ermöglichen.
Das LG hat nach Vernehmung der Zeugen Dervis und Jastzebski sowie Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens die Klage abgewiesen mit der Begründung, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Kläger den gegen ihn nach § 10 StVO sprechenden Anscheinsbeweis nicht ausräumen können und ein unfallursächliches Mitverschulden des Beklagtenfahrers habe sich nicht feststellen lassen mit der Folge, dass der Kläger allein für den Unfall verantwortlich sei.
Da der Sachverständige durch seine ergänzende Stellungnahme die Angriffe des Klägers gegen sein Gutachten ausgeräumt habe, sei das Einholen eines erneuten Gutachtens nicht veranlasst gewesen; einer Vernehmung der vom Kläger weiter benannten Zeugen habe es nicht bedurft, da derartige Beweisanträge zum Beweise der behaupteten Geschwindigkeit ungeeignet seien und auch nicht verlässlicher als das eingeholte Sachverständigengutachten.
Der Kläger begehrt mit seiner Berufung weiterhin Schadensersatz nach einer Quote von 100 % und rügt, das LG habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs nicht außer Acht bleiben könne und dem Fahrer des Beklagtenfahrzeugs durchaus ein Mitverschulden anzulasten sei.
Er habe seinen Sorgfaltspflichten aus § 10 StVG genügt, denn das gegnerische Fahrzeug sei weit genug entfernt gewesen, um gefahrlos die Kleiststraße über-queren und in den Gegenverkehr auf der Gegenfahrbahn einbiegen zu können; allein die erhöhte Geschwindigkeit von mindestens 120 km/h des gegnerischen Fahrzeugs habe zum Unfall geführt (Beweis: erneut einzuholendes Sachverstän-digengutachten). Schon erstinstanzlich sei vorgetragen worden, bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h wäre möglich gewesen, den Unfall zu vermeiden; dazu habe der erstinstanzliche Sachverständige keine Stellung bezogen. Aus dessen Gutachten folge auch, dass der Kläger nicht mit einer derart überhöhten Geschwindigkeit habe rechnen müssen. Nur bei einer solchen Ausgangsgeschwindigkeit sei es möglich gewesen, die Aufprallgeschwindigkeit von 60 km/h nach Bremsung zu erreichen.
Dazu, dass der Kläger schlicht gerast sein müsse, habe er im Schriftsatz vom 28.4.2006 Beweis angetreten durch Zeugnis der Zeugen Badel und Wilde; da das LG offensichtlich diesen Beweisantrag übergangen habe, werde er wiederholt. Aus der Aufprallgeschwindigkeit könne nicht zwingend geschlossen werden, wie schnell die Gegenseite vor dem Aufprall gefahren sei, so dass es bei der unter Zeugenbeweis gestellten Behauptung bleibe, dass die Gegenseite gerast sei.
2. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.
Insofern wird auf Folgendes hingewiesen:
Das LG ist zutreffend von einem gegen den Kläger sprechenden Anscheins-beweis wegen des unstreitigen Anfahren vom Fahrbahnrand, § 10 StVO, bei welchem eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen ist.
Hinzuzufügen ist, dass sich der Beweis des ersten Anscheins für eine sorg...