Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 82 AR 131/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 15. November 2011 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 26. Oktober 2011 - 82 AR 131/11 - geändert:
Die Erinnerung der Bezirksrevisorin ... vom 31. August 2011 gegen die Festsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts Berlin vom 10. März 2011 in der Fassung des Änderungsbeschlusses vom 30. März 2011 - 13 O 340/08 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Gegenstand des Kostenstreits ist die Höhe der gemäß § 55 RVG gegen die Landeskasse festzusetzenden Vergütung des Beschwerde führenden Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt war Bevollmächtigter dreier streitgenossenschaftlicher Kläger in einem Prozess mit einem Streitwert von 7.500 EUR, wobei dem Kläger zu 2 mit Beschluss des Landgerichts vom 12. Mai 2009 - 13 O 340/08 - Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen für die erste Instanz unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt worden war (Bl. P9 BH). Zwischen Klageeinreichung und Bewilligung war der Kläger zu 1 verstorben, und die Kläger zu 2 und 3 hatten den Rechtsstreit als dessen gesetzliche Erben aufgenommen.
Nach Beendigung des Prozesses durch Vergleich im Verhandlungstermin vom 11. Januar 2011 (Bd. I Bl. 1 AH) hat der Prozessbevollmächtigte die Festsetzung der ihm aus der Landeskasse zu zahlenden Auslagen beantragt, und zwar zuletzt im Umfang von 50 % der Regelvergütung gemäß § 13, § 50 RVG (1.016,98 EUR, Bl. P14 BH).
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat zuletzt mit (Änderungs-) Beschluss vom 30. März 2011 die Vergütung auf ein Drittel der Regelvergütung, nämlich 677,98 EUR festgesetzt (Bl. P15, 16 BH). Gegen die Festsetzung legte der Beschwerdeführer mit dem Ziel der Heraufsetzung auf 1.016,09 EUR und die Bezirksrevisorin mit dem Ziel der Festsetzung auf 857,75 EUR (Drittelung nur bezüglich der Verfahrensgebühr gerechtfertigt, im Übrigen hälftige Regelvergütung) Erinnerung ein.
Mit bestandskräftig gewordenem Beschluss vom 15. August 2011 wies die Kostenkammer des Landgerichts die Erinnerung des Beschwerdeführers zurück und erklärte die Erinnerung der Bezirksrevisorin für gegenstandslos. Das Landgericht vertrat die Auffassung, der Beschwerdeführer könne nur die 3/10 Erhöhungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG in Verbindung mit § 49 RVG nebst Mehrwertsteuer, mithin 83,54 EUR beanspruchen.
Auf die Erinnerung der Bezirksrevisorin vom 31. August 2011, die Vergütung nunmehr auf 83,54 EUR herabzusetzen, hat nunmehr die Kostenkammer (nach Nichtabhilfe seitens der Urkundsbeamtin) die dem Prozessbevollmächtigten zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 83,54 EUR festgesetzt und den weiter gehenden Vergütungsfestsetzungsantrag zurückgewiesen. Ferner ließ das Landgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen die Beschwerde zu.
Mit seiner Beschwerde strebt der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner Vergütung in der zuletzt von der Urkundsbeamtin berechneten Höhe von 677,98 EUR an. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 56 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 RVG) und hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat der Erinnerung der Bezirksrevisorin zu Unrecht stattgegeben.
Es spricht viel dafür, dass der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht auf die Erhöhungsgebühr der Nr. 1008 VV RVG beschränkt werden kann, weil im Beiordnungsbeschluss eine derartige Beschränkung nicht angeordnet worden war (so u.a. OLG Hamm, Rpfleger 2003; OLG Köln NJW-RR 1999, 725; OLG Zweibrücken Rfleger 2009, 88) und der Beschwerdeführer bei einer unbeschränkten Beiordnung zudem angesichts der langjährigen Festsetzungspraxis in der Berliner Zivilgerichtsbarkeit (vgl. LG Berlin MDR 1996, 754) nicht mit einer Herabsetzung seiner Vergütung auf die Erhöhungsgebühr zu rechnen brauchte. Dies bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung. Denn der Senat schließt sich in der umstrittenen Frage, in welcher Höhe dem beigeordneten Rechtsanwalt bei Mehrvertretung teils bedürftiger teils nicht bedürftiger Streitgenossen ein Vergütungsanspruch gegenüber der Landeskasse zusteht, der Auffassung an, dass dem Rechtsanwalt bei unbeschränkter Beiordnung grundsätzlich der Anspruch auf die volle Vergütung zusteht, soweit diese nicht den Anteil übersteigt, der im Innenverhältnis der Streitgenossen auf die bedürftige Partei entfällt (Bestätigung der vom Landgericht Berlin in MDR 1996, 754 vertretenen Auffassung).
1. Einzelne Oberlandesgerichte haben sich der vom Bundesgerichtshof (u.a. Beschluss vom 1.03.1993 - II ZR 179/91 -, NJW 1993, 1715) vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach dem einem bedürftigen Streitgenossen beigeordneten Rechtsanwalt nur die 3/10 Erhöhungsgebühr zustehen soll (u.a. OLG Koblenz JurBüro 2004, 384; OLGR Naumburg 2004, 175). Die überwiegende Zahl der Oberlandesgerichte vertritt den - im Wesentlichen auf § 45 Abs. 1, § 7 Abs. 2 Satz 1 RVG bzw. § 121, § 6 Abs. 2 B...