Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfeantrag eines volljährigen Kindes für eine Unterhaltsabänderungsklage gegen einen Elternteil: Ablehnung unter Verweisung auf einen Prozesskostenvorschussanspruch
Normenkette
ZPO § 114 ff.; BGB § 1360a Abs. 4, § 1610 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 149 F 1975/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 27.3.2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Klägerin, eine volljährige Schülerin, die im Haushalt ihrer Großmutter lebt, hat für eine beabsichtigte Unterhaltsabänderungsstufenklage gegen ihren Vater Prozesskostenhilfe beantragt. Das AG hat den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin zurückgewiesen, mit der Begründung, sie müsse vorrangig einen zu ihren Gunsten in Betracht kommenden Prozesskostenvorschuss gegen die andere Partei geltend machen. Im Nichtabhilfevermerk hat es ferner beanstandet, dass die Klägerin in ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch keine Angaben zum Einkommen der Mutter gemacht hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da die Klägerin weder ihre Bedürftigkeit hinreichend dargetan hat, noch die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinsichtlich der Abänderungsklage derzeit Aussicht auf Erfolg hat.
1. Da Prozesskostenhilfe immer nur dann gewährt wird, wenn der Antragsteller bedürftig ist, also nicht über ausreichendes Einkommen oder verwertbares Vermögen verfügt, um die Prozesskosten zu bestreiten (§ 115 Abs. 1 ZPO), hat der Unterhaltsgläubiger vor der Geltendmachung von Prozesskostenhilfe stets zu prüfen, ob zu seinen Gunsten ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss besteht. Denn bei dem Anspruch auf Prozesskostenvorschuss handelt es sich um einen vermögenswerten Anspruch, den er vorrangig ggü. dem Schuldner geltend machen müsste. Zum verwertbaren Vermögen i.S.v. § 115 ZPO i.V.m. § 88 Abs. 1 BSHG gehört der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen Eltern (allg. M., vgl. Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 115 Rz. 67 m.w.N.).
Zugunsten der Klägerin käme ein vorrangiger Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gegen beide Eltern in Betracht, wenn diese leistungsfähig sind. Denn hat ein volljähriges Kind, das gegen einen Elternteil auf Unterhalt klagt, noch keine eigene von den Eltern unabhängige Lebensstellung erlangt und befindet es sich in der Ausbildung, hat es gegen seine barunterhaltspflichtigen Eltern in entsprechender Anwendung von § 1360a Abs. 4 i.V.m. § 1610 Abs. 1 BGB auch einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss. Im Gesetz ist dieser Anspruch zwar nicht explizit für Kinder ggü. den Eltern geregelt. Gleichwohl besteht der Anspruch, da insoweit § 1360a Abs. 4 BGB entsprechende Anwendung findet, denn die Unterhaltsrechtsbeziehung zwischen Eltern und Kindern ist – jedenfalls in der Zeit der Minderjährigkeit und Ausbildung – genau wie zwischen Ehegatten durch ein besonders hohes Maß an Verantwortung und Opferbereitschaft auf Seiten des Verpflichteten geprägt (so die überwiegende Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung, vgl. u.a. OLG Zweibrücken FamRZ 1996, 981f; OLG Hamm DAVorm1995,1011–1012; OLG Köln FamRZ 2000, 757; OLG Hamm FamRZ 2000, 255; für volljährige privilegierte Schüler OLG Hamm NJWE-FER 1999,120; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 6 Rz. 24; a.A. für volljährige Kinder KG v. 13.6.1996 – 16 WF 4044/96, KGReport 1997, 32 unter Bezugnahme auf Griesche, FamGB § 1610 Rz. 36).
Daraus folgt für das Prozesskostenhilfeverfahren, dass das AG zu Recht darauf bestanden hat, dass die Klägerin nachprüfbare Angaben zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern macht. Dies ist bisher nicht geschehen, obwohl der Beklagte der Klägerin schon im November 2000 Einkommensunterlagen – also noch vor der richterlichen Auflage vom 16.2.2001 – zur Verfügung gestellt hat. Nicht ausreichend ist die von der Klägerin unterzeichnete Erklärung vom 29.3.2001, es bestehe kein für sie alsbald realisierbarer Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihre Eltern. Es handelt sich insoweit um eine Schlussfolgerung der Klägerin, die das Gericht ohne Kenntnis von Einkommensbelegen nicht von einer eigenen Prüfung entbinden kann.
2. Schließlich scheitert die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aber auch daran, dass die Klägerin die tatsächlichen Voraussetzungen ihres geltend gemachten Unterhaltsanspruchs für den Verfahrensabschnitt der Abänderungsklage bisher nicht schlüssig dargelegt hat. Da bei der Abänderungsstufenklage sowohl die Auskunfts- als auch die Abänderungsklage mit der Zustellung rechtshängig werden (KG v. 21.11.1985 – 16 WF 4503/85, FamRZ 1986, 284–286; OLG Hamm v. 27.9.1996 – 12 WF 424/96, FamRZ 1997, 619; Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 114 Rz. 37 m.w.N.), gehört nach ständiger Rechtsprechung des Senats schon im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zum schlüssigen Klagevortrag die Darlegung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen der Abänderungsklage. Daran fehlt es...