Entscheidungsstichwort (Thema)
Grob fahrlässige Herbeiführung bei verstecktem Tresorschlüssel innerhalb Wertgrenze
Leitsatz (amtlich)
Ist im Hausratversicherungsvertrag für Wertsachen, die nicht in einem gegen Wegnahme besonders gesicherten Behältnis verwahrt werden, eine bestimmte Wertgrenze vereinbart (§ 19 Ziff. 3 c) VHB 84), kann sich der Versicherer für innerhalb der Wertgrenze aufgrund eines Einbruchdiebstahles aus einem Tresor gestohlene Wertsachen nicht auf eine Leistungskürzung wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß § 81 Abs. 2 VVG (subjektiver Risikoausschluss) berufen, auch wenn der Versicherungsnehmer den Dieben die Öffnung des Tresors durch ein leicht auffindbares Versteck des Tresorschlüssels hinter einem Heizkörper ermöglicht hat.
Denn wie sich aus der Vereinbarung der Wertgrenze ergibt, setzt der nach dem Vertrag vorausgesetzte Sicherheitsstandard für Wertsachen innerhalb der Wertgrenze gerade keine besondere Sicherung innerhalb des Hauses/der Wohnung voraus, so dass dem VN nicht vorgehalten werden kann, eine gleichwohl vorgenommene Sicherung durch andere Umstände wieder - jedenfalls zum Teil - außer Kraft gesetzt zu haben.
Normenkette
VHB 1984 § 19 Nr. 1 Buchst. c, Nr. 3 Buchst. c; VVG § 1 S. 2, § 81 Abs. 2, § 82 Abs. 2
Tenor
In dem Rechtsstreit
...
hat der Senat nunmehr über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 44 des Landgerichts Berlin vom 16. Februar 2017 beraten und beabsichtigt im Ergebnis, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage von der Beklagten aus einer Hausratversicherung weitergehende Leistungen wegen eines Schadensfalles, die Beklagte mit ihrer Widerklage die Rückzahlung darauf bereits erbrachter Versicherungsleistungen.
Am 30./31.08.2014 kam es zu einem Einbruchdiebstahl in das Einfamilienhaus der Klägerin in ... Berlin, ..., für das seinerzeit eine Hausratversicherung bei der Beklagten bestand. Die Beklagte erbrachte vorgerichtlich Versicherungsleistungen, u.a. erstattete sie 20.452,00 EUR für abhandengekommene Wertsachen, die in einem eingemauerten Wandtresor verwahrt waren. Für Wertsachen, die in § 19 Ziff. 1c der vereinbarten Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 84, Anlage K 1) beschrieben sind und die nicht in einem gegen Wegnahme besonders gesicherten Behältnis verwahrt werden, ist in § 19 Ziff. 3 c der Bedingungen eine Entschädigungshöchstgrenze von 40.000,- DM (= 20.452,- EUR) je Versicherungsfall festgelegt (vgl. auch die Entschädigungsgrenze für Wertsachen im Nachtrag zum Versicherungsschein vom 10.08.2009, ebenfalls Anlage K 1).
Das Landgericht hat der Klage teilweise in Höhe von 3.034,57 EUR stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat den von der Beklagten im Rechtsstreit allein erhobenen Vorwurf einer arglistigen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit und einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles (bzw. Verletzung der Schadensminderungspflicht) als nicht durchgreifend erachtet. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass die Klägerin gegenüber ihrer Regulierungsbeauftragen falsche Angaben zum Verschlusszustand des alten Wandtresors gemacht habe. Der Vorwurf grob fahrlässiger Schadensverursachung sei unberechtigt; insbesondere sei das Verstecken der Safeschlüssel im Haus nicht grob fahrlässig.
Wegen des Sach- und Streitstandes der Parteien im Einzelnen sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung, das Landgericht habe sich bei seiner Beurteilung der Art der Verwahrung der Wertsachen in einem alten Tresor, dessen Schlüssel im Haus versteckt waren, u.a. auf die Angabe der jungen und unerfahrenen Kriminalkommissarin und Zeugin Z... gestützt. Deren Sicht, ein Auffinden der Schlüssel durch Diebe im Haus sei unwahrscheinlich, decke sich nicht mit den Äußerungen erfahrener Kriminalbeamter. Nach Auffassung der Beklagten hätten die Schlüssel mitgeführt oder im Banksafe verwahrt werden müssen. Ferner sei der weitere Tresor der Klägerin, der auf dem Foto Anlage K 21 zu sehen ist, deutlich größer, moderner und sicherer. Darüber hinaus sei das Landgericht aufgrund falscher Beweiswürdigung nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin falsche Angaben zum Verschlusszustand des Wandtresors gemacht habe und die Beklagte deswegen wegen arglistiger Täuschung leistungsfrei sei.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 16.02.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Berlin - 23 O 54/16 -
1. die Klage abzuweisen und
2. die Klägerin zu verurteilen, 29.582,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2015 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien...