Entscheidungsstichwort (Thema)
unwirksame Rechtsmittelrücknahme durch den Zwangsverwalter
Leitsatz (amtlich)
Der Zwangsverwalter ist nicht uneingeschränkt befugt, alle dem Wohnungseigentümer in bezug auf das Wohnungseigentum zustehenden Rechte wahrzunehmen. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall zu entscheiden, ob die Handlung des Verwalters durch den Zweck der Zwangsvollstreckung gedeckt ist, dem Gläubiger Befriedigung aus den Erträgnissen der beschlagnahmten Eigentumswohnung zu verschaffen.
2 Der Zwangsverwalter kann daher ein von dem Wohnungseigentümer eingelegtes Rechtsmittel nicht wirksam zurücknehmen, wenn der Wohnungseigentümer Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung angefochten hat, durch die die Genehmigung zur Vornahme baulicher Veränderungen erteilt oder versagt worden ist.
Normenkette
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4; ZVG § 152
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.10.1985; Aktenzeichen 191 T 11/85) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 118/84) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 25. Oktober 1985 – 191 T 11/85 – aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000,– DM.
Tatbestand
Die Wohnungseigentümerversammlung hat mit den beiden Mehrheitsbeschlüssen vom 11. Mai 1984 dem Antragsteller die Genehmigung zur Errichtung eines Balkons vor seiner Wohnung versagt, den von den Wohnungseigentümern G. vorgenommenen Durchbruch der Brandmauer zur Verbindung zweier ihnen gehöriger Wohnungen aber genehmigt. Der Antragsteller hat mit dem am 30. Mai 1984 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz diese beiden Beschlüsse rechtzeitig angefochten und beantragt, das Gericht solle die Errichtung des Balkons genehmigen. Das Amtsgericht hat mit seinen Beschluß vom 30. Dezember 1984 beide Anträge zurückgewiesen. Die von dem Antragsteller hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat der mit Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 7. März 1985 bestellte Zwangs Verwalter H. mit Schriftsatz vom 18. Oktober 1985 zurückgenommen. Das Landgericht hat daraufhin in der Sache selbst nicht mehr entschieden und mit seinem Beschluß vom 25. Oktober 1985 dem Antragsteller die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
I.
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 FGG zulässig.
Das Landgericht hat allerdings nach dem Wortlaut des Tenors der angefachtenen Entscheidung nur noch über die Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens entschieden, nachdem der Zwangsverwalter die von dem Antragsteller gegen den Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg eingelegte sofortige Beschwerde zurückgenommen hatte. Im Fall einer von dem. Beschwerdegericht nach § 20 a Abs. 2 FGG erstmals erlassenen isolierten Kostenentscheidung ist die Rechtsbeschwerde grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Beschwerdewert von 100,– DM überschritten ist (BayObLGZ 1966, 257; 1961, 183, 184; Jansen, 2. Aufl., Rdn. 22; Keidel, 11. Aufl., Rdn. 19 a je zu § 20 a FGG, Bärmann/Pick/Merle, WEG 5. Aufl., § 47 Rdn. 15). Anders ist aber der Fall zu beurteilen, daß schon das Amtsgericht eine isolierte Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 FGG erlassen hat, die mit der Erstbeschwerde angefochten worden ist. In solchem Fall ist die Rechtsbeschwerde auch dann zulässig, wenn die Beschwerdesumme von 100,– DM nicht überstiegen wird (BayÜbLG WEM 1980, 78; 1981 Heft 2, 57; KG OLGZ 1970, 408; 1965, 226).
Hier liegt aber trotz des nach seinem Wortlaut nur über die Kosten des Beschwerdeverfahrens entscheidenden Tenors der angefochtenen Entscheidung keiner dieser beiden Fälle vor. Denn inzidenter hat das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung auch darüber entschieden, daß die von dem Zwangs Verwalter H. mit seinem Schriftsatz vom 18. Oktober 1985 erklärte Rücknahme der Erstbeschwerde wirksam ist. Das ist eine Verfahrensentscheidung des Landgerichts, gegen die sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers richtet. Aus diesem Grunde ist die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde hier allein nach § 27 FGG, nicht aber nach § 20 a FGG zu beurteilen.
Es liegt auch nicht ein dem § 321 ZPO vergleichbarer Fall vor, in dem ein Rechtsmittel unzulässig wäre, das Landgericht aber auf fristgebundenen Antrag seine Entscheidung zu ergänzen hätte. Denn § 321 ZPO gilt nur für solche Fälle, in denen das Gericht einen Anspruch versehentlich übergangen hat, nicht aber wenn es die prozessuale Lage rechtlich fehlerhaft beurteilt. Die Urteilsergänzung dient nämlich nur der Vervollständigung einer lückenhaften, nicht aber der Berichtigung einer falschen Entscheidung (BGH NJW 1980, 840). Das Landgericht hat die vom Antragsteller eingelegte Erstbeschwerde nicht „übergangen”, sondern darüber nicht meh...