Mindesttemperatur: Was Vermieter rechtlich beachten müssen
Ab dem 1. Oktober ist in Deutschland in der Regel Heizsaison, die bis zum 30. April dauert. Vermieter und Hausverwalter sind in diesem Zeitraum grundsätzlich verpflichtet, die Betriebsfähigkeit der Heizungsanlage sicherzustellen, damit Mieter und Wohnungseigentümer gewisse Mindesttemperaturen in den Wohnräumen erreichen können. Darauf weist der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) hin.
Welche Temperatur schuldet ein Vermieter?
Gesetzlich festgelegt sind die geschuldeten Mindesttemperaturen nicht. In der Rechtsprechung gibt es tagsüber in der Regel einen Anspruch auf eine Raumtemperatur von 20 bis 22 Grad Celsius und nachts auf 18 Grad Celsius.
Geschuldete Tagestemperatur
Wohnräume sollten in der Zeit von 6.00 Uhr bis 23.00 Uhr mindestens 20 Grad Celcius Zimmertemperatur und sonstige Nebenräume mindestens 18 Grad aufweisen. Für das Bad ist von 6.00 Uhr bis 23.00 Uhr sogar eine Raumtemperatur von 21 Grad Celcius geschuldet, so das Landgericht Landshut (Urteil v. 18.12.1985, 1 S 1222/85).
Geschuldete Nachttemperatur
Nach einer Entscheidung des Amtsgericht Bonn (Urteil v. 26.1.2021, 206 C 18/19) etwa kann zur Nachtzeit (dort zwischen 24.00 Uhr und 6.00 Uhr) die Temperatur auf zirka 16 bis 17 Grad Celcius abgesenkt werden.
Für eine Nachtabsenkung zwischen 23 Uhr oder 24 Uhr und 6.00 Uhr morgens auf 18 Grad hat unter anderem das Amtgericht Köln (Urteil v. 5.7.2016, 205 C 36/16) entschieden.
Auch außerhalb der Heizperiode kann der Vermieter verpflichtet sein, zu heizen, wenn die Zimmertemperatur nicht nur vorübergehend (mehr als drei Tage) auf niedrige Werte fällt.
Die im Zusammenhang mit geschuldeten Mindesttemperaturen oft zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil v. 15.5.1991 – VIII ZR 38/90) lässt die Frage der Mindesttemperatur explizit offen. Es geht hier um Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Mindesttemperatur nicht erreicht: Mietmangel oder nicht?
Können die genannten Temperaturen nicht erreicht werden, könnte ein Mietmangel vorliegen. Vermieter sind nach Kenntnisnahme verpflichtet, den Mangel zu beseitigen und die Funktionsfähigkeit der Heizung herzustellen. Bis das passiert ist, haben Mietparteien laut WiE das Recht, die Miete zu mindern.
In der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergesellschaft (WEG) oder in einem Mietvertrag kann demnach zwar grundsätzlich auch ein anderer Zeitraum für die Heizperiode benannt werden, der dürfe aber lediglich länger, nicht kürzer als von Oktober bis April sein, so WiE.
Auch außerhalb der Heizperiode muss die Heizung in Betrieb genommen werden können, falls die Außentemperatur drei Tage in Folge unter zwölf Grad Celsius liegt, entschied das Amtsgericht Köln (Urteil v. 9.4.2008, 220 C 152/07).
Die Mindesttemperaturen können vom Vermieter nicht durch eine Klausel im Mietvertrag ausgeschlossen werden.
Mietminderung nicht bei Bagatellmangel
Das Mietminderungsrecht setzt voraus, dass der Mangel nicht bloß unerheblich ist (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB).
Bei einem kurzfristigen Heizungsausfall oder bei vorübergehender geringfügiger Abweichung der Mindesttemperatur (zirka um ein Grad) liegt ein Bagatellmangel vor. Der Mieter ist bei einem unerheblichen Mangel nicht berechtigt, die Miete zu mindern. (BGH, Urteil v. 30.6.2004 – XII ZR 251/02).
Ist ein Heizungsanlage alt und arbeitet unwirtschaftlich, hat der Mieter ebenfalls keinen Anspruch auf Mietminderung. Entscheidend ist, dass die Mietwohnung ausreichend beheizt werden kann (BGH, Urteil v. 18.12.2013 – XII ZR 80/12). Der Vermieter schuldet eine Heizungsanlage, die dem Stand der Technik zum Zeitpunkt des Einbaus entspricht.
Mietminderung bei (erheblichen) Mängeln
Wenn die Behaglichkeitstemperatur dauerhaft unterschritten wird, kann bei einer Abweichung von einem Grad von der Mindesttemperatur eine Minderung der Miete von fünf Prozent gerechtfertigt sein (Landgericht Berlin, Urteil v. 8.6.2012, 63 S 423/11). Die Temperatur in den Räumen muss außerdem einzeln regulierbar sein, so das Amtsgericht Köln (Urteil v. 13.4.2012, 201 C 481/10).
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg sprach einem Mieter eine Mietminderung von zehn Prozent zu, da nur eine Durchschnittstemperatur von 18 Grad Celcius erreicht wurde (Urteil v. 27.5.1999, 19 C 228/98). Auch das Amtsgericht Potsdam kommt zu einer Mietminderung von zehn Prozent: In dem Fall wurde die Mindesttemperatur von 20 Grad Celcius länger um bis zu zwei Grad Celcius unterschritten (Urteil v. 30.4.2012, 23 C 236/10). Das Amtsgericht Köln ließ bei Temperaturen von 16 bis 18 Grad Celsius 20 Prozent Mietminderung zu (Urteil vom 6.12.1976, 19 C 1249/74).
Fällt die Heizungsanlage in der Heizperiode ganz aus und kann die Wohnung nicht beheizt werden, liegt ein erheblicher Mangel vor. Das Amtsgericht Charlottenburg hat einem Mieter eine Mietminderung um 70 Prozent zugestanden (Urteil v. 7.6.2013, 216 C 7/13).
Warmwasser: Wenig Spielraum für Vermieter
Die Warmwasserversorgung in der Wohnung muss der Vermieter jederzeit gewährleisten. Die Temperatur des Warmwassers darf in den Nachtstunden nicht abgesenkt werden.
Die Warmwassertemperatur liegt im Idealfall zwischen 40 Grad Celcius und 60 Grad Celcius und muss in angemessener Zeit erreicht werden, sonst liegt ein Mangel der Mietsache vor, hat das Landgericht Berlin entschieden (Urteil v. 12.11.1991, 64 S 99/91). Betrifft der Kaltwasservorlauf mehr als zehn Liter, ist eine Mietminderung von zehn Prozent gerechtfertigt, so das Amtsgericht Köpenick (Urteil v. 15.11.2000, 12 C 214/00).
Laut einem Urteil des Amtsgerichts Berlin (25.4.2018, 7 C 82/17) ist eine Mietminderung in Höhe von fünf Prozent der gerechtfertigt, wenn nicht nach 15 Sekunden eine Temperatur von 40 Grad Celcius und nach 30 Sekunden von 55 Grad Celcius erreicht. Wenn die Wassertemperatur in der Dusche stark schwankt können nach Auffassung des Amtsgerichts Charlottenburg 13 Prozent drin sein (Urteil v. 27.3.2003, 204 C 349/02).
Die Gastherme in einer Wohnung muss so dimensioniert sein, dass eine Badewanne in angemessener Zeit mit 41 Grad warmem Wasser befüllt werden kann. 42 Minuten Einfülldauer sind laut Amtsgericht München (Urteil v. 26.10.2011, 463 C 4744/11) zu lang. Auch bei warmen Außentemperaturen muss der Vermieter die Warmwasserversorgung sicherstellen. Nach einem Beschluss des Landgerichts Fulda (5.1.2018, 5 T 200/17) kann der Mieter sonst notfalls eine einstweilige Verfügung gegen den Vermieter erwirken.
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