Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 27.10.2008; Aktenzeichen 503 Qs 102/08)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des früheren Angeklagten gegen die in dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 27. Oktober 2008 unterbliebene Auslagenentscheidung wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Das Landgericht hat auf die Beschwerde des früheren Angeklagten den Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. August 2008 durch Beschluß vom 27. Oktober 2008 aufgehoben und die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Landeskasse auferlegt. Mit seiner am 5. September 2011 eingegangenen sofortigen Beschwerde und dem (wegen vermeintlicher Verspätung des Rechtsmittels) zugleich angebrachten Wiedereinsetzungsantrag will der inzwischen rechtskräftig verurteilte Angeklagte erreichen, daß die ihm im Haftbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse auferlegt werden. Sein Begehren bleibt ohne Erfolg.

1. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig.

Das Rechtsmittel ist zwar nicht verspätet, da der beanstandete Beschluß entgegen den §§ 311 Abs. 2 Halbsatz 2, 35 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht zugestellt und damit die Wochenfrist (§§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1, 311 Abs. 2 Halbsatz 1 StPO) nicht in Gang gesetzt worden ist. Der Übersendung des Schriftstücks an die Verteidigerin hat keine Heilung des Mangels nach den §§ 37 StPO, 189 ZPO bewirkt, da es an einem Zustellungswillen fehlte (vgl. Senat, Beschluß vom 24. Juni 2011 - 1 Ws 48/11 -). Für die Gewährung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist daher kein Raum.

Die angegriffene Entscheidung war jedoch bereits bei Einlegung des Rechtsmittels prozessual überholt. Sie ist durch die in dem Urteil des Amtsgerichts vom 3. Januar 2011 und in der Berufungsinstanz mit dem Beschluß des Landgerichts vom 26. April 2011 (abschließend) für das gesamte Verfahren zu Lasten des Beschwerdeführers getroffenen Kostenentscheidungen gegenstandslos geworden und kann deshalb nicht mehr angefochten werden.

2. Ungeachtet dessen wäre die sofortige Beschwerde auch unbegründet. Die Strafkammer hat trotz des Erfolges der Haftbeschwerde zu Recht davon abgesehen, die dem Angeklagten im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse aufzuerlegen. Denn nach § 464 Abs. 2 StPO ist eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen erst mit dem Urteil oder in dem Beschluß zu treffen, der das Verfahren abschließt. Nicht zu den verfahrensabschließenden Entscheidungen gehören nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die in einem unselbständigen Zwischenverfahren ergangenen Beschlüsse, wie hier über die Beschwerde gegen die Anordnung von Untersuchungshaft (vgl. Senat, Beschluß vom 9. Juli 2010 - 1 Ws 171/09 -).

3. Über die sofortige Beschwerde der Verteidigerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. August 2011, mit dem der Rechtspfleger zu Recht die Festsetzung der für das Haftbeschwerdeverfahren beantragten Vergütung abgelehnt hat, wird das Landgericht zu befinden haben, sofern die Verteidigerin das Rechtsmittel nicht zurücknimmt.

Lediglich ergänzend bemerkt der Senat zu dem geltend gemachten Vergütungsanspruch: Das RVG sieht für den Verteidiger im strafrechtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich keine besonderen Gebühren vor, so daß insoweit keine notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten entstanden sein können. Denn das Beschwerdeverfahren bildet gebührenrechtlich keine besondere Angelegenheit, sondern gehört zum Rechtszug. Die Verteidigertätigkeit wird gemäß § 15 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 RVG, Vorbemerkung 4.1 Abs. 2 Satz 1 VV RVG - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - grundsätzlich durch die Gebühren der jeweiligen Instanz abgegolten (vgl. Senat aaO.; Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG 19. Aufl., Rdn. 12 zu Vorbem.4 VV).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3016796

StRR 2011, 447

StRR 2012, 242

StRR 2012, 307

VRR 2011, 443

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