Entscheidungsstichwort (Thema)
Kennzeichenmäßiger Gebrauch des Aufdrucks "Tussi ATTACK" auf T-Shirts; prägende oder selbstständig kennzeichnende Bedeutung des Kennzeichenbestandteils "Attack"
Leitsatz (amtlich)
1. Den Aufdruck "Tussi ATTACK" plakativ auf der Brustseite von T-Shirts versteht der Verkehr regelmäßig nur als dekoratives Element (als selbstironische, schillernde, lustig gemeinte Meinungsäußerung des Trägers des T-Shirts) und nicht als Produktkennzeichen.
2. Dem Kennzeichenbestandteil "Attack" kommt innerhalb des zusammengesetzten Zeichens "Tussi ATTACK" für Bekleidung keine prägende und ohne weiter gehende besondere Umstände (Verwendung als Unternehmensschlagwort oder Stammzeichen einer Kennzeichenserie) keine selbstständig kennzeichnende Bedeutung zu.
Normenkette
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.09.2015; Aktenzeichen 15 O 423/15) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 15 des LG Berlin vom 25.9.2015 - 15 O 423/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000 EUR.
Gründe
A. Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet, §§ 935, 940 ZPO. Im Ergebnis zu Recht hat das LG im angefochtenen Beschluss einen kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin aus der Marke "ATTACK" der Antragstellerin verneint und den Eilantrag daher insoweit zurückgewiesen, § 14 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 3 MarkenG.
I. Soweit das LG im angefochtenen Beschluss auch die auf eine Verletzung ihrer Marke "Body Attack" und ihres entsprechenden Firmenschlagwortes gestützten Unterlassungsansprüche der Antragstellerin zurückgewiesen hat, war dies verfahrensrechtlich nicht veranlasst. Die Antragstellerin hatte mit Schriftsatz vom 15.9.2015 (dort Seite 3, Blatt 15 der Akten) den Streitgegenstand auf ihre Marke "ATTACK" beschränkt und die hilfsweise geltend gemachten Anträge hinsichtlich der vorgenannten weiteren Kennzeichenrechte zurückgenommen.
II. Der gemäß § 14 Abs. 5 Satz 1 MarkenG auf Wiederholungsgefahr gestützte markenrechtliche Unterlassungsanspruch besteht schon deshalb nicht, weil die insoweit von der Antragstellerin zu Grunde gelegte Verletzungshandlung (Website der Fernsehserie "Gute Zeiten Schlechte Zeiten" sowie der dazugehörige Facebook-Account - Anlage GDM 13) mangels eines markenmäßigen Gebrauchs die Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 Nr. 3 MarkenG nicht eröffnet.
1. Die Feststellung einer Markenbenutzung im Sinne einer Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 MarkenG setzt voraus, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung oder Gestaltungsform markenmäßig erfolgt, also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Ware eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH, GRUR 2005, 414, juris Rn. 18 mwN - Russisches Schaumgebäck). Die Ausübung des Markenrechts ist grundsätzlich auf Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, die Herkunft der Waren gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten, beeinträchtigen kann. Ist dies nicht der Fall, kann der Inhaber einer Marke die Benutzung einer identischen oder ähnlichen verwechslungsfähigen Bezeichnung nicht verbieten (BGH, GRUR 2005, 419, juris Rn. 43 - Räucherkate, m.w.N.). Die Frage einer markenmäßigen Benutzung einer Bezeichnung bestimmt sich nach der Auffassung des Verkehrs, und zwar eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (BGH, a.a.O., Räucherkate, juris Rn. 44, m.w.N.).
Die Abbildung von Namen, Wappen und/oder Siegel einer Einrichtung auf T-Shirts erfolgt nicht namensmäßig oder markenmäßig, wenn sie ausschließlich zu dem Zweck verwendet wird, damit bestimmte eigene Warenkategorien zu schaffen, deren Wertschätzung (und Verkaufserfolg) darauf beruht, dass sie den Träger der Kleidungsstücke in irgendeine Beziehung zur Einrichtung setzen oder dass sie dem Erwerber infolge des Aufdrucks einfach besonders attraktiv oder originell verziert erscheinen (BGH, GRUR 1993, 151, juris Rn. 28 - Universitätsemblem).
Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Vorderseite eines Bekleidungsstücks angebrachtes Motiv als produktbezogenen Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Motivs variieren. Denn anders als bei eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken geht der Verkehr bei Wörtern und Symbolen, die auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken angebracht sind, nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis. Ob dies der Fall ist, bedarf vielmehr einer Beurteilung im jeweiligen Einzelfall. Der Verkehr wird Bezeichnungen, die ihm als Produkthinweis für Bekleidungsstücke bekannt sind, ebenfalls als Herkunftshinweis auffasse...