Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 27 O 222/21) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 29.06.2021 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 14.06.2021 - 27 O 222/21 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages des Antragstellers wird der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Vorstand der Antragsgegnerin, untersagt,
die nachfolgend als Screenshot wiedergegebenen, in der Berichterstattung der Antragsgegnerin vom 23.04.2021 mit dem Titel "Berliner Künstler soll in Aldi-Filiale rassistisch beleidigt worden sein" und vom 24.04.2021 mit dem Titel "Aldi Nord entlässt Mitarbeiter nach Rassismus-Vorfall" eingebundenen Filmaufnahmen des Antragstellers zu verbreiten und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder verbreiten zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen,
((Abbildung))
wenn dies geschieht wie in der Berichterstattung der Antragsgegnerin vom 24.04.2021 mit dem Titel "Aldi Nord entlässt Mitarbeiter nach Rassismus-Vorfall",
abrufbar unter der URL https://www.welt.de/vermischtes/artlcle230627917/Berlin-Aldi-Nord-entlaesst-Mitarbeiter-nach-Rassismus-Kontroverse-html
und vom 23.04.2021 mit dem Titel "Berliner Künstler soll in Aldi-Filiale rassistisch beleidigt worden sein", abrufbar unter der URL https://www.bz-berlin.de/berlin/neukoellh/berliner-kuenstler-in-aldi-filiale-rassistisch-beleidigt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Antragsteller 3/5 und die Antragsgegnerin 2/5.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 125.000,00 EUR festgesetzt.
4. Der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung des Landgerichts im Beschluss vom 14.06.2021 - 27 O 221/21 - ebenfalls auf 125.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die statthafte und zulässig eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.
1. Hinsichtlich der Veröffentlichung der Filmaufnahmen im konkreten Veröffentlichungskontext steht dem Antragsteller gegen die Antragsgegnerin ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 22, 23 KUG zu.
a) Bei den von der Antragsgegnerin veröffentlichten Filmaufnahmen des Antragstellers handelt es sich um Bildnisse im Sinne von § 22 Satz 1 KUG. Der Begriff des Bildnisses setzt die Erkennbarkeit der abgebildeten Person voraus (BGH, Urteil vom 29.09.2020 - VI ZR 445/19 -, Rn. 17-18, juris). Der Antragsteller ist auf den Filmaufnahmen erkennbar. Zwar wird er nur kurz unverpixelt und zudem mit Mund-Nasen-Schutz gezeigt. Er ist jedoch anhand der Mitteilung seines konkreten Arbeitsortes identifizierbar. Denn über den Namen der Filiale - die sich auch wegen des Schwenks über den Außenbereich für jeden Betrachter des Videos mit Ortskenntnissen zuordnen lässt - und die weiteren Angaben zur Lage des Marktes und zur Funktion als Filialleiter tritt auch in der verpixelten Darstellung der Antragsteller für die Öffentlichkeit als identifizierbare Person mit seinem Verhalten durch die Aufnahmen geradezu "plastisch" hervor. Die Weiterverbreitung dieser Filmaufnahmen als dauerhafte Verkörperung des Verhaltens vertieft - seien die Aufnahmen auch weitgehend verpixelt - die Beeinträchtigung der Interessen des Antragstellers deutlich, da - anders als bei der Wortberichterstattung - ein Verhalten bildlich verfestigt wird (vgl. so auch OLG Köln, Beschluss vom 12.07.2021 - 15 W 45/21 -, juris).
b) Die Antragsgegnerin ist für die Weiterverbreitung der Filmaufnahmen äußerungsrechtlich verantwortlich. Sie hat sich den auf dem Instagram-Account des Nutzers mit dem Namen prince.m.i.k. Beitrag zu eigen gemacht. Maßgeblich ist insoweit die objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, wobei die Frage der inhaltlichen Kontrolle der fremden Inhalte und die Art der Präsentation von Bedeutung sind (vgl. Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl., § 4 Rn. 16 m.w.N.). Danach liegt ein Zueigenmachen vor. Denn der Beitrag ist zwar erkennbar ein solcher, der auf dem Instagram-Account des Nutzers mit dem Namen prince.m.i.k. veröffentlicht wurde, die Antragsgegnerin bindet diesen jedoch in ihre Beiträge ein, indem sie den Leser ohne jegliche Einschränkung auf die Visualisierung wesentlicher Teile ihres Wortbeitrages verweist. Das Video wird derart In eigene Gedankengänge der Antragsgegnerin einbezogen, dass dadurch die eigene Aussage - die Darstellung eines Fehlverhaltens eines Mitarbeiters bei rassistischer Beleidigung durch einen Dritten - unterstrichen wird. Allein der Umstand, dass es sich um einen "externen" Beitrag handel...