Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfanfechtbarkeit der gerichtlichen Rücknahme der Zustimmung zur Zurückstellung der Strafvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 BtMG kann der Verurteilte die Verweigerung der Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 ff. EGGVG anfechten. Eine Beschwerde des Verurteilten gegen die Verweigerung der Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges ist unzulässig.

2. Die Beschwerde ist auch nicht deshalb zulässig, weil die Strafkammer eine bereits erteilte Zustimmung widerrufen hat; denn das Gesetz bestimmt in § 35 Abs. 2 Satz 2 BtMG für diesen Fall keine Ausnahme. Einem gerichtlich anfechtbaren (§ 35 Abs. 7 Sätze 2, 3 BtMG) durch die Vollstreckungsbehörde ausgesprochenen Widerruf der Zurückstellung nach § 35 Abs. 5 Satz 1 BtMG ist die Zurücknahme der gerichtlichen Zustimmung jedenfalls nicht gleichzusetzen, weil dieser Widerruf eine bereits mit Außenwirkung ins Werk gesetzte Maßnahme beseitigt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 20.09.2001; Aktenzeichen (526) 26 VRs 69 Js 117/00 (1/00))

 

Gründe

Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschwerdeführer wegen unerlaubten Besitzes einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln, unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 145 Fällen und wegen Hehlerei unter Einbeziehung zweier früher verhängter Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Durch den Beschluß vom 25. September 2000 stimmte die Strafkammer der Zurückstellung der Strafvollstreckung aus dem genannten Urteil zu und erklärte mit ihrem ergänzenden Beschluß vom 20. Juni 2001 die von dem Verurteilten nachgewiesene Zeit seiner Therapie für anrechnungsfähig im Sinne des § 36 Abs. 1 BtMG. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 20. September 2001 hob die Strafkammer diese Beschlüsse wieder auf und widerrief ihre Zustimmung zur Zurückstellung der Strafvollstreckung, weil der Beschwerdeführer am 13. Juni 2001 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - nicht rechtskräftig - zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Staatsanwaltschaft Berlin als Vollstreckungsbehörde noch keine Entscheidung über die Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 BtMG getroffen. Gegen den Beschluß vom 20. September 2001 richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten. Sie hat keinen Erfolg.

Das Rechtsmittel ist nicht statthaft. Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 BtMG kann der Verurteilte die Verweigerung der Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 ff. EGGVG anfechten. Eine Beschwerde des Verurteilten gegen die Verweigerung der Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszuges ist unzulässig (vgl. Körner, BtMG 5. Aufl., § 35 BtMG Rdn. 166). Der Verurteilte kann allein durch die Verweigerung der Zustimmung nicht beschwert sein; denn sie entfaltet keine unmittelbare Außenwirkung. Es handelt sich bei der Zustimmung des erstinstanzlichen Spruchkörpers nicht um einen Justizverwaltungsakt, sondern um ein die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde vorbereitendes Justizinternum, da das Gericht keine eigene Sachentscheidung trifft (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1987, 42, 43; OLG Hamm NStZ 1983, 45). Sie beschränkt lediglich die Staatsanwaltschaft in ihren Entscheidungsmöglichkeiten. Folgerichtig erkennt der Gesetzgeber auch nur dieser in § 35 Abs. 2 Satz 1 BtMG ein Beschwerderecht zu. Erst in der Ablehnung der Vollstreckungsbehörde, die Strafvollstreckung zurückzustellen, liegt eine anfechtbare Maßnahme, da sie nunmehr gegenüber dem Verurteilten die Außenwirkung erzeugt, daß die Vollstreckung gegen ihn fortgesetzt wird. Der gegen sie gerichtete Rechtsbehelf ergreift die Erwägungen der Vollstreckungsbehörde und des Gerichts gleichzeitig; denn die Ablehnung ist einem mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt vergleichbar (vgl. OLG Frankfurt aaO.).

Die Beschwerde ist auch nicht deshalb zulässig, weil die Strafkammer eine bereits erteilte Zustimmung widerrufen hat. Das Gesetz bestimmt in § 35 Abs. 2 Satz 2 BtMG für diesen Fall keine Ausnahme. Ob die Vollstreckungsbehörde ihre inzwischen am 6. November 2001 verfügte Ablehnung auf den gerichtlichen Widerruf der Zustimmung stützen durfte oder gegen ihn mit einer Beschwerde nach § 35 Abs. 2 Satz 2 BtMG hätte vorgehen müssen, kann nur Gegenstand einer Vorschaltbeschwerde (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StrafVollstrO) und des darauf folgenden Verfahrens nach §§ 23 ff. EGGVG sein.

Einem gerichtlich anfechtbaren (§ 35 Abs. 7 Sätze 2, 3 BtMG) durch die Vollstreckungsbehörde ausgesprochenen Widerruf der Zurückstellung nach § 35 Abs. 5 Satz 1 BtMG ist die Zurücknahme der gerichtlichen Zustimmung jedenfalls nicht gleichzusetzen, weil dieser Widerruf eine bereits mit Außenwirkung ins Werk gesetzte Maßnahme beseitigt. Folglich lassen sich die Grundsätze, die der Senat für diesen Widerruf in seinem Beschluß vom 3. Mai 1999 - 5 Ws...

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