Leitsatz (amtlich)
Die gesonderte, von sonstigen Aufgabenkreisen unabhängige Übertragung des Aufgabenkreises "Vertretung vor Behörden und Gerichten" auf einen Betreuer kommt dann in Betracht, wenn der Betroffene krankheitsbedingt dazu neigt, eine Vielzahl sinnloser Verfahren zu betreiben, und sich dadurch schädigt. Besteht eine solche Neigung bei dem Betroffenen nicht und ist mit der Übertragung des Aufgabenkreises "Vertretung vor Behörden und Gerichten" nicht nur eine Klarstellung der gesetzlichen Vertretungsberechtigung des Betreuers in einem weiteren, zugleich übertragenen Aufgabenkreis beabsichtigt, hat das Vormundschaftsgericht regelmäßig bei der Bestimmung des Aufgabenkreises einen Bezug zu konkret bezeichneten Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren herzustellen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 29.03.2007; Aktenzeichen 83 T 620/05) |
AG Berlin-Köpenick (Beschluss vom 22.11.2005; Aktenzeichen 51 XVII M 619) |
Tenor
Die Beschlüsse des LG Berlin vom 29.3.2007 - 83 T 620/05 - und des AG Köpenick vom 22.11.2005 - 51 XVII M 619 - werden aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG Köpenick zurückverwiesen.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 21.1.2004 bestellte das Vormundschaftsgericht die Beteiligte zu 1 zur Betreuerin der Betroffenen mit den Aufgabenkreisen "Sorge für die Gesundheit" und "Aufenthaltsbestimmung zur Heilbehandlung".
Im Rahmen eines von der Betroffenen vor dem Sozialgericht Berlin geführten Rechtsstreits, in dem es um die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 3.1.1997 ging, regte der Vorsitzende der 12. Kammer des Sozialgerichts die Erweiterung der Betreuung an, weil sich die Betroffene einer ärztlichen Begutachtung verweigerte und auch die Beiziehung von medizinischen Unterlagen verhinderte.
Das Vormundschaftsgericht hat nach Einholung des Gutachtens eines Sachverständigen und persönlicher Anhörung der Betroffenen mit Beschluss vom 22.11.2005 die Aufgabenkreise der Beteiligten zu 1 um die "Vertretung vor Behörden und Gerichten" erweitert. Die dagegen von der Betroffenen erhobene Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 29.3.2007 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4.6.2007 erhobene weitere Beschwerde der Betroffenen.
II. Die zulässige, insbesondere formgerecht erhobene, § 29 Abs. 1 S. 2 FGG, weitere Beschwerde hat in der Sache vorläufig Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.
1. Das LG hat ausgeführt, die Betroffene sei wegen der bei ihr gegebenen psychischen Erkrankung, welche mit erheblichen inhaltlichen Denkstörungen und Wahrnehmungsbeeinträchtigungen verbunden sei, zur sachgerechten Wahrnehmung ihrer Behörden- und Gerichtsangelegenheiten nicht in der Lage. Das Betreuungsbedürfnis sei durch den - nach Einschreiten der Beteiligten zu 1 - für die Betroffene erfolgreichen Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens nicht entfallen, weil die Betroffene nach wie vor Rentenansprüche ggü. der BfA aus der unzutreffenden Annahme herzuleiten versuche, die von ihr wahnhaft eingebildeten körperlichen Erkrankungen seien tatsächlich vorhanden. Es sei weiterhin dringend erforderlich, dass ein Betreuer die von der Betroffenen selbst ergriffenen Maßnahmen überwache und gegebenenfalls in die anhängigen behördlichen und gerichtlichen Verfahren eingreife, wozu es auch gehören könne, von vornherein offensichtlich unsinnige Anträge oder Rechtsmittel zurückzunehmen.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Allerdings war es entgegen der Ansicht der Betroffenen verfahrensrechtlich unbedenklich, dass das LG wegen seiner tatsächlichen Feststellungen zunächst auf seine dem hiesigen Verfahren vorangegangenen Beschwerdeentscheidungen zu den diversen Unterbringungen der Betroffenen verwiesen hat. Gemäß § 25 FGG hat das Beschwerdegericht seine Entscheidung mit Gründen zu versehen. Dies erfordert u.a. eine vollständige und klare Darstellung des Sachverhalts (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 25, Rz. 28). Dem genügt die angefochtene Entscheidung bereits deshalb, weil sie sich nicht in der Bezugnahme auf frühere, in Unterbringungssachen der Betroffenen ergangene Entscheidungen des LG erschöpft. Vielmehr hat das LG die tatsächlichen Grundlagen seiner Entscheidung, nämlich vor allem die Anregung des Sozialgerichts, das Gutachten des Sachverständigen Dr. K. und die Stellungnahmen der Beteiligten zu 1 so mitgeteilt, dass der Senat feststellen kann, ob die Beweisunterlagen sachgemäß und erschöpfend geprüft worden sind (vgl. hierzu Sternal, a.a.O.).
b) Zutreffend hat das LG seiner Entscheidung die für die Erweiterung einer Betreuung geltenden Vorschriften zugrunde gelegt. Denn das Vormundschaftsgericht hat mit der Bestimmung des Aufgabenkreises "Vertretung vor Behörden und Gerichten" die Betreuung erweitert. Dagegen spricht nicht, dass der Betreuer im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenkreises den Betroffenen ohnehin als gesetzlicher Vertreter gerichtli...