Leitsatz (amtlich)
Der Sinn der Vereinbarung einer Betriebspflicht, der darin liegt, ein Einkaufszentrum durch ein möglichst großes und vielfältiges Angebot an Geschäften für Kunden attraktiv zu halten würde unterlaufen, wenn der den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragende Vermieter darauf verwiesen werden würde, mit der Durchsetzung der Betriebspflicht bis zum Abschluss eines Verfahrens in der Hauptsache zu warten.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 18.01.2013; Aktenzeichen 12 O 21/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 18.1.2013 wird der Beschluss der Zivilkammer 12 des LG Berlin wie folgt geändert:
1. Dem Antragsgegner wird auferlegt, das von ihm in dem Einkaufszentrum B.B., S...straße ..., ...B., Mieteinheit Nr. 1.017, 1. OG, gemäß Mietvertag vom 07./19.4.2011 zum Betrieb eines Juweliergeschäftes angemietete ca. 79 qm große Ladenlokal wieder zu eröffnen und von Montag bis Samstag von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr zu betreiben.
2. Dem Antragsgegner wird untersagt, das unter Ziff. 1 genannte Geschäftslokal während der unter Ziff. 1 genannten Öffnungszeit zu schließen, den Betrieb einzustellen oder zu unterbrechen, das Geschäftslokal ganz oder teilweise ungenutzt oder leer stehen zu lassen oder durch das Ausräumen von Inventar oder Waren, entsprechende Beschilderung oder auf sonstige Weise den Eindruck zu vermitteln, das Geschäftslokal werde nicht mehr betrieben.
3. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehend in Ziff. 2 bestimmte Pflicht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR angedroht.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
5. Der Beschwerdewert beträgt 34.128 EUR
Gründe
Die gem. §§ 567, 569 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf Erfüllung der in § 11 des Mietvertrages vereinbarten Betriebspflicht.
Die Vereinbarung einer Betriebspflicht in einem Mietvertrag über Gewerberäume ist, auch wenn es sich bei den Bestimmungen in dem Mietvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 BGB handelt, nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung zulässig (BGH NJW-RR 1992, 1032; KG KGReport Berlin 2003, 315; Bieber/Eupen, Mietrecht in Einkaufszentren und anderen Spezialimmobilien, 2010, B. V., Rz. 11 m.w.N.). Der Wirksamkeit der in § 11 des Mietvertrages geregelten Betriebspflicht steht nicht entgegen, dass dem Mieter laut § 11.2 kein Konkurrenzschutz gewährt wird. Nach herrschender Meinung ist die Vereinbarung einer Betriebspflicht mit einem gleichzeitigen Ausschluss jeglichen Konkurrenzschutzes zulässig und wirksam (Bieber/Eupen, a.a.O., B. V. Rdmnr. 21 m.w.N.).
Ebenso steht der Umstand, dass in § 21 des Mietvertrages eine Untervermietung oder sonstige Gerbrauchsüberlassung an Dritte dem Mieter nur mit vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet ist, der Wirksamkeit der in § 11 des Mietvertrages geregelten Betriebspflicht nicht entgegen. Die Zustimmung zur Untervermietung darf nämlich laut § 21 des Mietvertrages nur verweigert werden, wenn ein berechtigter Grund für die Weigerung besteht.
Auch die in § 11.3 enthaltene Regelung, wonach zeitweise Schließungen während der geltenden Öffnungszeiten (z.B. aus Anlass von Mittagspausen, Ruhetagen, Betriebsferien, Inventuren) ohne Zustimmung des Vermieters nicht zulässig sind, steht der Wirksamkeit der in § 11.1 und § 11.3 geregelten Betriebspflicht ebenfalls nicht entgegen. Zum einen dürfte das Verbot zeitweiser Schließungen, anders als in dem vom Senat am 5.3.2009 - 8 U 177/08 - entschiedenen Fall wirksam sein, da hier die zeitweise Schließung jedenfalls mit Zustimmung des Vermieters zulässig ist. Zum anderen hätte eine etwaige Unwirksamkeit dieses Verbots der zeitweisen Schließung nicht die Unwirksamkeit der übrigen in § 11 enthaltenen Regelung zur Folge (vgl. KG, Grundeigentum 2010, 202). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner etwa deshalb von der ihm obliegenden Betriebspflicht befreit ist, weil er zahlungsunfähig ist (vgl. OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2007, 5) bestehen nicht. In dem Kündigungsschreiben vom 23.11.2012 ist lediglich die Rede davon dass der finanzielle Verlust ein insolvenzbedrohliches Ausmaß annehme, nicht aber, dass tatsächlich Zahlungsunfähigkeit eingetreten sei.
Das Mietverhältnis ist aufgrund des Schreibens des Antraggegners vom 23.11.2012 nicht wirksam beendet worden. Die Antragstellerin hat schlüssig dargelegt und glaubhaft gemacht, dass weder die Voraussetzungen für eine wirksame Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung noch die Voraussetzungen für eine wirksame fristlose Kündigung des Vertrages vorlagen.
Nach einhelliger Meinung ist die Betriebspflicht nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass sich das Geschäft des Gewerbemieters als unwirtschaftlich herausstellt und der erwartete Gewinn ausbleibt. Denn die fehlende Rentabilität fällt stets in den Risikobereich des Unternehmers und ist demgemäß unbeachtlich (BGH, Urt. v. 19.7.2000 - XII ZR ...