Normenkette
MB/KK § 1 Nr. 2, § 2 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 03.09.2021; Aktenzeichen 23 O 306/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 23 des Landgerichts Berlin vom 3. September 2021 auf seine Kosten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung des Klägers bietet keine Erfolgsaussicht und ist offensichtlich unbegründet.
Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.
1) Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die verwiesen werden kann, angenommen, dass der Versicherungsfall vorliegend bereits vor dem Abschluss des Versicherungsvertrages eingetreten ist und die jetzt geplanten Behandlungsmaßnahmen noch Teil dieses Versicherungsfalles sind.
a) Gemäß § 1 Nr. 2 der hier vereinbarten CSS-Grundbedingungen Teil I (im Folgenden: AVB) ist Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund eine Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Muss die Heilbehandlung auf eine Krankheit oder Unfallfolge ausgedehnt werden, die mit der bisher behandelten nicht ursächlich zusammenhängt, so entsteht ein neuer Versicherungsfall.
Gemäß § 2 Nr. 1 S. 2 AVB leistet die Beklagte nicht für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind.
b) Mit dem Begriff "medizinisch notwendige" Heilbehandlung wird - auch für den Versicherungsnehmer erkennbar - nicht an den Vertrag zwischen ihm und dem behandelnden Arzt und die danach geschuldete medizinische Heilbehandlung angeknüpft. Vielmehr wird zur Bestimmung des Versicherungsfalles ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Diese objektive Anknüpfung bedeutet zugleich, dass es für die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht auf die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht allein auf die des behandelnden Arztes ankommen kann. Gegenstand der Beurteilung können vielmehr nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Demgemäß liegt eine medizinisch notwendige Heilbehandlung i.S. des § 1 Nr. 2 AVB vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 399/13 -, Rn. 13, juris, m. w. Nachw.).
Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zur "Behandlung" einer Krankheit nicht nur die unmittelbare Heiltätigkeit, sondern auch schon die erste ärztliche Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abzielt, ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige und richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen worden ist. Bei schon bekannten Krankheiten, bei denen es Arzt und Patient darum geht, nach in sich abgeschlossener erster Behandlungsphase verbliebene Krankheitsfolgen zu beheben oder zu lindern, ist zwar eine ärztliche Untersuchung zur Erkennung des Leidens oft gar nicht mehr notwendig. Aber auch in diesen Fällen beginnt die Heilbehandlung mit der ersten Inanspruchnahme jeglicher ärztlicher Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Tätigkeit des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt. Diese Auslegung trägt dem Umstand Rechnung, dass es dem Versicherungsnehmer anderenfalls möglich wäre, zunächst eine ärztliche Diagnose und Beratung über mögliche Behandlungsformen einzuholen, sodann eine Krankenversicherung abzuschließen bzw. eine bestehende Krankenversicherung zu erhöhen, um danach die Heilbehandlung in Anspruch nehmen zu können. Sobald nämlich der Versicherte wegen einer Krankheit einen Arzt einmal in Anspruch genommen hat, hindert ihn die Klausel daran, den Versicherungsfall willkürlich abzubrechen und einen neuen zu einem ihm geeignet erscheinenden Zeitpunkt zu beginnen, obwohl es sich tatsächlich um die Weiterbehandlung der früheren Krankheit handelt (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 399/13 -, Rn. 16, juris, m. w. Nachw.). Der Versicherungsfall endet erst dann, wenn nach medizinischem Befund keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht (BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 399/13 -, Rn. 18, juris, m. w. Nachw.). Die Behandlungsbedürftigkeit in diesem Sinne kann fortbestehen, wenn ein pathologischer Zustand fortbesteht, der zwar keine aktuellen Beschwerden verursacht, aber regelmäßig überwacht werden muss (vgl. BGH, a.a.O.). Ande...