Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträglicher Risikoausschluss aus privater Krankenversicherung
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.11.2018; Aktenzeichen 2-23 O 409/17) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.11.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen den nachträglichen Ausschluss eines Risikos aus einer privaten Krankheitskostenversicherung und begehrt die Feststellung, dass die Beklagte zur Übernahme von Behandlungskosten für seine beiden Kinder verpflichtet ist.
Der Kläger beantragte unter dem 30.12.2015 für sich, seinen am XX.XX.2003 geborenen Sohn Vorname1 und seine am XX.XX.2005 geborene Tochter Vorname2 bei der Beklagten den Abschluss einer privaten Krankenversicherung. Ziffer 1 der in dem Antragsformular enthaltenen Gesundheitsfragen lautet: "Bestehen und/oder bestanden in den letzten 3 Jahren Beschwerden, Krankheiten, Anomalien (auch Implantate, z.B. Brustimplantate) und/oder Unfallfolgen (ggf. Kostenträger nennen), die nicht ärztlich und/oder von Angehörigen anderer Heilberufe (z.B. Zahnarzt, Heilpraktiker) behandelt wurden?" Ziffer 2 der Fragen hat folgenden Wortlaut: "Wurden in den letzten drei Jahren Behandlungen/ Untersuchungen von Ärzten und/oder Angehörigen anderer Heilberufe (z.B. Zahnarzt, Heilpraktiker) durchgeführt und/oder sonstige Gesundheitsstörungen/Anomalien festgestellt? (Auch solche, die der Feststellung einer frischen oder abgelaufenen Virusinfektion, z.B. Hepatitis, HIV, dienen und/oder die zu einem anderen krankhaften Befund (z.B. Rheuma, Allergien, Asthma) führten)?"
Der Kläger beantwortete Frage 1 für seine Kinder jeweils mit nein, die Frage 2 jeweils mit ja und gab bei seinem Sohn Erkältung und Mittelohrentzündung und bei seiner Tochter Erkältungen an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsformulare (Anlage BLD 2 und BLD 3, Anlagenband) Bezug genommen.
Die Beklagte nahm den Antrag an und versprach im Tarif X die Kostenübernahme für ambulante Heilbehandlungen, Zahnbehandlungen, Zahnersatz und Kieferorthopädie (Versicherungsschein als Anlage K 1, Bl. 6 ff. der Akte). In Kenntnis der Kieferanomalien und Zahnfehlstellungen der Kinder des Klägers hätte die Beklagte die Anträge in Bezug auf die Kinder nicht in der Weise angenommen, sondern jeweils nur mit einem Leistungsausschluss.
Beide Kinder weisen Zahnfehlstellungen und Kieferanomalien auf. Sie begaben sich in kieferorthopädische Behandlung bei A, B und Kollegen, die Behandlungspläne für eine kieferorthopädische Behandlung erstellten, die mit voraussichtlichen Kosten in Höhe von 8.270,- EUR für die Tochter und in Höhe von 7.704,86 EUR für den Sohn schlossen.
Der Kläger übersandte die Behandlungspläne der Beklagten mit der Bitte um Bestätigung der Kostenübernahme. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 07.07.2017 mit, dass dem Kläger bereits vor Antragstellung die Kieferanomalien und die Zahnfehlstellungen bei seinen Kindern bekannt gewesen seien. Sie könne die Verträge daher nur mit folgender Bedingung fortführen: "Die Leistungspflicht entfällt für Kieferanomalien/Zahnfehlstellungen sowie deren Ursachen und Folgen" (Nachtrag zu den Versicherungsscheinen, Anlage BLD 28, Anlagenband).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.09.2017 forderte der Kläger die Beklagte auf bis zum 19.09.2017 zu bestätigen, dass die Behandlungskosten übernommen und die Versicherungsverträge unverändert fortgeführt würden. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 14.09.2017 ab.
Der Kläger hat behauptet, er habe als Laie den Zahnstatus seiner Kinder nicht als krankhaft oder als Anomalie erkennen können und müssen. Nach seinem Verständnis seien seine Kinder im Zeitpunkt der Antragstellung weder krank gewesen noch hätten sie Beschwerden geäußert.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, aus dem Versicherungsvertrag Nr. ... Versicherungsschutz auch für erforderliche kieferorthopädische Behandlungen der versicherten Personen Vorname1 C, geb. am XX.XX.2003, und Vorname2 C, geb. am XX.XX.2005, zu gewähren;
2. festzustellen, dass der Versicherungsanspruch aus den im Versicherungsschein vom 18.01.2016 vertraglich vereinbarten Leistungsansprüchen unvermindert fortbesteht;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.590,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab 03.03.2018 zu ersetzen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, die Befunde zu den Kieferanomalien und Zahnfehlstellungen gemäß den Kostenvoranschlägen hätten zwangsläufig auch schon bei Antragstellung bestanden, da sie sich nicht innerhalb der Zeit zwischen Antragstellung und Erstellung der Behandlungspläne hätte...