Leitsatz (amtlich)
- Der Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes erlischt gemäß §§ 158 Abs. 7, S. 6, 168 Abs. 1 FamFG, 2 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 JVEG, wenn er nicht binnen 3 Monaten nach Beendigung seiner Tätigkeit geltend gemacht wird.
- Diese Frist beginnt erst mit dem Ende der Tätigkeit des Verfahrensbeistandes im Sinne von § 158 Abs. 6 FamFG.
- Gegen die Versäumung der Frist kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 03.06.2016; Aktenzeichen 166a F 10746/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbeiständin wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 3.6.2016 abgeändert:
Die der Verfahrensbeiständin zu zahlende Vergütung wird auf 1.100 EUR festgesetzt.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 16.7.2014 zur Verfahrensbeiständin bestellt. Das Verfahren wurde mit Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 5.11.2015 beendet. Mit Schreiben vom 24.5.2016 hat die Verfahrensbeiständin - soweit es das vorliegende Verfahren betrifft - die Festsetzung einer Vergütung von 1.100 EUR begehrt.
Mit Beschluss vom 3.6.2016 hat die Rechtspflegerin den Antrag zurückgewiesen, da entgegen §§ 168 Abs. 1 FamFG, 1835 ff BGB die Festsetzung der Vergütung nicht binnen 15 Monaten ab Entstehung des Vergütungsanspruchs beantragt worden sei. Dies sei mit der ersten Tätigkeit spätestens im Juli 2014 der Fall gewesen.
Gegen diesen ihr am 8.6.2016 zugestellten Beschluss hat die Verfahrensbeiständin mit Schreiben vom 4.7.2016, eingegangen am 5.7.2016, Beschwerde eingelegt. Die Verfahrensbeiständin macht geltend, auf ihren Vergütungsantrag sei keine Ausschlussfrist anzuwenden. Außerdem sei ihr keine Ausschlussfrist bekannt gewesen, sie sei auch nicht entsprechend belehrt worden.
II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 61 Abs. 1 FamFG), insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Der Beschwerdeführerin steht ein Vergütungsanspruch für ihre Tätigkeit als Verfahrensbeistand in Höhe von 1.100 EUR zu, § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG. Sie ist mit dem erweiterten Wirkungskreis nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt worden. Die pauschale Vergütung von 550 EUR steht ihr für jedes der beteiligten Kinder zu (std. Rspr. des BGH, z.B. FamRZ 2011, 468). Dieser Vergütunganspruch ist nicht mangels rechtzeitiger Geltendmachung erloschen:
Der Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistands erlischt, wenn er nicht binnen 3 Monaten nach Beendigung seiner Tätigkeit geltend gemacht wird (Senatsbeschluss vom 31.8.2016 - 25 WF 51/16, zur Veröffentlichung bestimmt; ebenso Menne in: Holzer § 158 FamFG Rz. 147; Maaßen in: Röchling, Handbuch Anwalt des Kindes § 7 Rz. 12; zum früheren Recht z.B. OLG Brandenburg ZKJ 2008, 123; Menne ZKJ 2008, 14; a.A. OLG München FamRB 2014, 456; ohne Auseinandersetzung mit der Anwendung des JVEG z.B. auch OLG Frankfurt FGPrax 2016, 78).
Gemäß § 158 Abs. 7 S. 6 FamFG gilt für die Festsetzung der Vergütung § 168 Abs. 1 FamFG entsprechend. Da die Vergütung stets aus der Staatskasse zu zahlen ist, es also keiner verbindlichen Festsetzung gegenüber dem Mündel usw. bedarf, bestimmt sich das Verfahren nach § 168 Abs. 1 S. 4 FamFG. Sinngemäß anwendbar ist somit das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz. Nach dessen § 2 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, 2 erlischt der Anspruch, wenn er nicht binnen drei Monaten nach der "Zuziehung" geltend gemacht wird.
Vorliegend begann diese Frist mit der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Beschlusses des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 5.11.2015. Nicht gerechtfertigt ist es, für den Fristbeginn an das erste Tätigwerden des Verfahrensbeistands anzuknüpfen. Zwar entsteht damit der Vergütungsanspruch (BGH FamRZ 2010, 1896; 2011,558). § 2 Abs. 1 JVEG knüpft aber nicht an das Entstehen des Anspruchs an, sondern mit den verschiedenen Fallgestaltungen der Heranziehung in § 2 Abs. 1 Satz 2 JVEG an das Ende des Tätigwerdens. Die Tätigkeit des Verfahrensbeistands endet erst mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung, dem sonstigen Abschluss des Verfahrens oder der Aufhebung der Bestellung,§ 158 Abs. 6 FamFG. Erst dieser Zeitpunkt steht bei der vorzunehmenden sinngemäßen Anwendung den Fallgestaltungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 JVEG gleich.
Der Senat vermag keinen Wertungswiderspruch zu der Ausschlussfrist von 15 Monaten nach § 2 VBVG und § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB für Betreuer, Pfleger und Vormünder zu erkennen (so OLG München a.a.O.). Zum einen werden die Letztgenannten in einem anderen Aufgabenfeld tätig und unterliegen einem anderen Abrechnungssystem: Sie werden grundsätzlich für eine Tätigkeit über einen längeren Zeitraum nach der erforderlichen Zeit (§§ 3f VBVG) vergütet, während dem Verfahrensbeistand eine einmalig anfallende Vergütungspauschale in einem durch eine Endentscheidung abzuschließenden Verfahren zusteht. Zum anderen...