Leitsatz (amtlich)

Ist ein Liquidationserlös zu Gunsten der Gesellschafter einer aufgelösten und gelöschten Gesellschaft bei der Hinterlegungsstelle hinterlegt, kommt die Bestellung eines Nachtragsliquidators zum Zweck der Verteilung der Beträge unter den Gesellschaftern nicht in Betracht.

 

Normenkette

AktG § 273 Abs. 4; GmbHG § 66 Abs. 5

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 99 AR 7394/13 B)

 

Tenor

Die Beschwerde wird nach einem Wert von 60.000 EUR als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Mit Schreiben vom 26. August 2013 beantragte der Bruder des Beteiligten, für die Gesellschaft einen Nachtragsliquidator zu bestellen. Er behauptete insoweit, die Gesellschaft sei Vermögen seines verstorbenen Großvaters gewesen, d.h. diesem hätten 24% der Kuxe an der Gesellschaft unmittelbar und jeweils 38% mittelbar über zwei andere Gewerkschaften. Er sei nach dem Tode seines Vaters, den er als alleiniger Vorerbe beerbt habe, Eigentümer des Vermögens geworden. Die Gesellschaft, die in Oberschlesien Bergwerkseigentum besessen habe, sei nach dem Krieg enteignet worden. Als Gesellschafterin der O... S... GmbH i.L. seien ihr aufgrund deren Liquidation aber noch über den nach § 10 ZustErgG insoweit bestellten Abwesenheitspfleger, Rechtsanwalt ... M..., ca. 67.000 EUR zugeflossen. Diesen Betrag habe dieser bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Tiergarten hinterlegt. Die Nachtragsliquidation sei daher erforderlich, um diesen Betrag wieder an die Gesellschaft zurückfließen zu lassen. Insoweit forderte das Amtsgericht den Antragsteller mit Schreiben vom 26. November 2013 auf, klarzustellen, nach welchem Recht die Gesellschaft gegründet wurde, Nachweise für die behauptete Gesellschafterstellung zu erbringen sowie den Wirkungskreis des Nachtragsliquidators anzugeben (vgl. Schreiben vom 26. November 2013, Bl. 24 Bd. I).

Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 hat der Beteiligte erklärt, dass ihm der Verfahrensstand bekannt sei, er dem Verfahren beitrete und sich die Erklärungen seines Bruders zu eigen mache. Zugleich hat er darum gebeten, den gestellten Anträgen zu entsprechen. Insoweit hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 3. April 2014 den Vortrag der Brüder zusammengefasst und mitgeteilt, dass es davon ausgehe, dass der Beteiligte nunmehr Antragsteller sein solle. Weiter hat es mitgeteilt, dass es die Antragsbefugnis als nicht nachgewiesen ansehe, weil der Gesellschafterbestand an der Gesellschaft ausweislich des Gewerkenbuches lediglich bis zum 16. August 1944 nachgewiesen sei (vgl. Schreiben vom 3. April 2014, Bl. 112 Bd. I).

Mit einem Beschluss vom 27. Mai 2014 hat das Amtsgericht den Antrag des Beteiligten auf Bestellung eines Nachtragsliquidators für die Gesellschaft zurückgewiesen. Gegen diesen dem Bruder als Bevollmächtigten am 3. Juni 2014 zugestellten Bescheid hat dieser mit einem am 25. Juni 2014 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. 1. Die im Namen und aufgrund seiner Vollmacht eingelegte Beschwerde des Beteiligten ist unzulässig und aus diesem Grund nach § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen. Sie ist zwar nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt worden. Denn der Beschluss vom 27. Mai 2014 ist am 3. Juni 2014 zugestellt worden, während der Beschwerdeschriftsatz am 25. Juni 2014 eingegangen ist. Dem Beteiligten fehlt aber die Beschwerdebefugnis. Er hat zwar einen Antrag gestellt, der vom Amtsgericht zurückgewiesen worden ist, so dass die Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 FamFG vorliegen. Darüber hinaus muss aber auch § 59 Abs. 1 FamFG erfüllt sein (Bork/Jacoby/Müther, FamFG, 3. Aufl., § 59 Rdn. 15; Prütting/Helms/Abramenko, FamFG, 4. Aufl., § 59 Rdn. 19). Anders als sein Bruder behauptet der Beteiligte aber gerade nicht, dass er Rechtsnachfolger nach dem letzten nachgewiesenen Gesellschafter der Gesellschaft, seinem Großvater, geworden ist. Insoweit gilt hier nichts anderes, auch wenn das Amtsgericht den Antrag (auch) wegen einer fehlenden Antragsbefugnis zurückgewiesen hat. Denn die Ausführungen zur Antragsbefugnis beziehen sich auf die Rechtsnachfolge in Bezug auf die Gesellschafterstellung des Großvaters, die den Beteiligten aber gerade nicht betrifft. Insoweit kommt auch weder eine entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO noch die Annahme einer gewillkürten Verfahrensstandschaft in Betracht. Die Anwendung des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt voraus, dass der Beteiligte Rechtsnachfolger des Großvaters gewesen wäre. Dies behauptet aber weder er noch sein Bruder. An den Voraussetzungen einer gewillkürten Verfahrensstandschaft fehlt es, weil ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Beteiligten an der Durchführung des Verfahrens nicht ersichtlich ist.

2. Aber auch ein Antrag des Bruders wäre zurückzuweisen gewesen. Eine Nachtragsliquidation, die hier in entsprechender Anwendung des §§ 273 Abs. 4 AktG, 66 ...

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