Entscheidungsstichwort (Thema)
beschlußunfähige Wohnungseigentümerversammlung
Leitsatz (amtlich)
Eine Wohnungseigentümerversammlung, … die durch gespaltenen, … gegeneinander arbeitenden Vorsitz und gegensätzliches, manipuliertes Abstimmungsverhalten zweier Wohnungseigentümergruppen jede Grundlage für eine geordnete Verhandlung der Tagesordnung verliert, kann keine wirksamen Beschlüsse fassen; sie sind … auf rechtzeitige Anfechtung für ungültig zu erklären.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 1, § 24
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 31.01.1990; Aktenzeichen 191 T 331/88 (WEG)) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70 II 71/88 (WEG)) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2)–5) gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom. 31. Januar 1990 – 191 T 331/88 (WEG) – wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Rechtsbeschwerdeführer als Gesamtschuldner zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 10.000, – DM.
Gründe
Aus den Feststellungen der Vorinstanzen und dem unstreitigen Akteninhalt ergibt sich der folgende Sachverhalt:
Die Bet. zu 4. ist am 9. Juli 1985 für 3 Jahre zur Verwalterin gewählt worden. Am 15. Oktober 1987 ist sie aus wichtigem Grund wieder abberufen worden. Sie hat die Abberufung angefochten (70 II 129/87 AG Wedding = 191 T 147/88 LG Berlin). Mit Schreiben vom 5. Mai 1988 lud sie zu einer Wohnungseigentümerversammlung am 20. Mai 1988 ein. Die Versammlung war jedoch nicht beschlußfähig. Auf Einladung des Bet. zu 1 fand dann am 31. Mai 1988 eine weitere Wohnungseigentümerversammlung statt. In dieser Versammlung wurde zu TOP 3 die Abwahl der Bet. zu 4. bestätigt. Alle Beschlüsse dieser Versammlung sind zum Verfahren – 70 II 46/88 AG Wedding – angefochten worden. Mit Senatsbeschluß vom 4. April 1990 – 24 W 5927/89 – ist rechtskräftig entschieden, daß der Anfechtungsantrag unbegründet ist.
Mit Schreiben vom 20. Juni 1988 lud die Bet. zu 4 ihrerseits ungeachtet der erfolgten Abwahl zu einer Versammlung am 28. Juni 1988 ein. Diese Versammlung hat stattgefunden. Alle Wohnungseigentümer waren anwesend oder vertreten. Es gibt zwei Protokolle über diese Versammlung. Eines hat Gustav Sommer als Vertreter der Bet. zu 4. verfaßt; das andere hat die Bet. zu 9. geschrieben.
Die Versammlung ist – wie folgt – abgelaufen: Um 18.30 Uhr waren nur die Beteiligten zu 7)–9) anwesend oder vertreten. Sie hatten zusammen vier Stimmen und wählten den Beteiligten zu 1. zum Versammlungsleiter und die Bet. zu 9. zur Protokollführerin. Der Bet. zu 1. begann mit der Sitzung und Verhandlung zu TOP 1. Spätestens um 18.35 Uhr erschienen G. S. und S. P.. Die letztere vertrat die Beteiligten zu 2)–6) und vereinigte damit fünf Stimmen auf sich. Sie wählte mit ihren Stimmen G. S. zum Versammlungsleiter. Danach führten der Bet. zu 1. und G. S. die Verhandlung gegeneinander weiter. G. S. schloß aufgrund eines Wohnungseigentümerbeschlusses vom 29. Mai 1986 den Bet. zu 1. wegen Wohngeldrückständen von der Abstimmung aus. Der Bet. zu 1. seinerseits schloß wegen Wohngeldrückständen und pflichtwidriger Manipulationen die Beteiligten zu 2)–6) von der Abstimmung aus. Die Wohnungseigentümer stimmten über 14 Tagesordnungspunkte ab. Es bildeten sich zwei Stimmblöcke. Auf der einen Seite stimmte Frau P. mit den fünf Stimmen der von ihr vertretenen Wohnungseigentümer, auf der anderen Seite waren die vier Stimmen der übrigen Wohnungseigentümer. G. S. hat in seinem Protokoll bis auf die Tagesordnungspunkte 1, 2 und 5 immer drei zu fünf Stimmen gezahlt, weil er die Stimme des Antragstellers nicht wertete. Zu den Tagesordnungspunkten 1, 2 und 5 hat er jeweils nur fünf Stimmen gezahlt, weil die übrigen Wohnungseigentümer keine Stimme abgaben. Der Bet. zu 1 seinerseits zählte für die von ihm vorgeschlagenen Beschlußentwürfe immer nur vier Ja-Stimmen.
Sowohl der Beteiligte zu 1 als auch die Beteiligte zu 3 haben innerhalb der Monatsfrist beim Amtsgericht Beschlußanfechtungsanträge mit unterschiedlichem Ziel eingereicht.
Das Amtsgericht hat auf den Antrag des Bet. zu 1 mit seinem Beschluß vom 5. August 1988 im Wege einstweiliger Anordnung der Bet. zu 4 jegliche Verwaltertätigkeit untersagt. Zur Hauptsache hat es.u.a. entschieden, daß die von G. S. protokollierten Beschlüsse zu TOP 1, 2 und 6 unwirksam sind und daß der Bet. zu 4 unter Strafandrohung jegliche Verwaltertätigkeit verboten ist. Auf den Antrag der Beteiligten zu 2) bis 6) hat es die von der Bet. zu 9 protokollierten Beschlüsse zu den TOP 3, 4 und 6–14 für unwirksam erklärt und deren Anträge im übrigen zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts haben der Bet. zu 1 und die Beteiligten zu 2)–5) fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Auf das Rechtsmittel des Bet. zu 1 hat das Landgericht festgestellt, daß alle von G. S. protokollierten Beschlüsse nichtig sind, das weitergehende Rechtsmittel jedoch zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2)–5) hat es auch den ...