Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentümergemeinschaft: Vergleich
Leitsatz (amtlich)
1. In Verwaltungsangelegenheiten, in denen eine Beschlusskompetenz besteht, kann ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinschaft und einem einzelnen Wohnungseigentümer dadurch zustande kommen, dass dieser eine Leistung gegen eine Gegenleistung anbietet und dieses Vertragsangebot durch Mehrheitsbeschluss angenommen wird.
2. In Verwaltungsangelegenheiten, in denen eine Beschlusskompetenz nicht besteht, kann ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinschaft und einem einzelnen Wohnungseigentümer dadurch zustande kommen, dass dieser eine Leistung gegen eine Gegenleistung anbietet und dieses Vertragsangebot allstimmig angenommen wird. Der Stimmrechtsausschluss nach § 25 Abs. 5 WEG steht dem nicht entgegen.
3. Verspricht der Wohnungseigentümer für die Überlassung einer als umstritten angesehenen Sondernutzungsfläche einen Geldbetrag, ist diese vergleichsweise Regelung unwirksam, wenn die Grundbuchlage eindeutig ein Sondernutzungsrecht des Wohnungseigentümers ausweist und die am Vergleich Beteiligten lediglich irrtümlich eine unklare Rechtslage angenommen haben (wie BGH NZM 2004, 28). Offen bleibt, ob aus einer (vorerst nur) schuldrechtlich wirkenden Vereinbarung der an dieser beteiligten Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Eintragung im Grundbuch folgt (vgl. BayObLG v. 28.3.2001 - 2Z BR 138/00, BayObLGZ 2001, 73 = NJW-RR 2001, 1164 = NZM 2001, 529 = ZMR 2001, 638).
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 11.06.2002; Aktenzeichen 85 T 314/01 WEG) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 06.03.2001; Aktenzeichen 72 II 162/00) |
Tenor
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des LG wird auf die Erstbeschwerde des Antragsgegners der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 6.3.2001 - 72 II 162/00 teilweise aufgehoben und der Zahlungsantrag der Wohnungseigentümergemeinschaft i.H.v. 21.000 DM nebst Zinsen zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten erster und zweiter Instanz werden dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft 9/10 und dem Antragsgegner 1/10 auferlegt. Die Gerichtskosten dritter Instanz werden dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind in keiner Instanz zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 10.737,13 Euro (21.000 DM) festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und der Antragsgegner bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der im Rubrum genannten Wohnanlage. Der Antragsgegner ist Eigentümer der Wohnung Nr. 13 mit einem übergroßen Miteigentumsanteil, der anhand von zusätzlichen Flächen im Dach des Vorderhauses und des Quergebäudes außerhalb der Wohnung Nr. 13 des Antragsgegners anteilmäßig gebildet worden ist. Nach der ursprünglichen Teilungserklärung vom 9.10.1979 wurde das Sondernutzungsrecht für den jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 13 des Aufteilungsplans dahin beschrieben, dass es an sämtlichen Flächen und Räumen im 5. Obergeschoss (Dachgeschoss des Vorderhauses) und 4. Obergeschoss des Hinterhauses eingeräumt wird, die in den dieser Urkunde als Anlage 2 und 3 beiliegenden Grundrisszeichnungen rot umrandet sind. Ausgenommen von dem Sondernutzungsrecht ist jeweils die Treppenhausfläche, die in der Anlage 2 mit den Buchst. A-B-C-D-E-F-A und in der Anlage 3 mit den Buchst. A-B-C-D-A umschrieben ist.
Diese Teilungserklärung wurde durch die ebenfalls im Grundbuch eingetragene notarielle Urkunde vom 4.1.1980 wie folgt ergänzt:
a) Das Sondernutzungsrecht an sämtlichen Flächen und Räumen im 5. Obergeschoss (Dachgeschoss) des Vorderhauses und im 4. Obergeschoss des Hinterhauses ist uneingeschränkt, im Rahmen der gesetzlichen und behördlichen Zulässigkeit.
Die Stammakten des Grundstücks mit der Teilungserklärung und der Ergänzung sind nicht ganz vollständig. Es fehlt die behördliche Abgeschlossenheitsbescheinigung, die sich auch nicht in den Bauakten des Bauaufsichtsamtes auffinden lässt. In den Stammakten des Grundstücks befindet sich (Bl. 77) eine ungenaue Faustskizze für das 5. Obergeschoss Vorderhaus mit den handschriftlichen Buchst. A bis F im Bereich des Treppenhauses sowie (Bl. 78) eine Faustskizze für das 4. Obergeschoss Hinterhaus mit den handschriftlichen Buchst. A bis D im Bereich des dortigen Treppenhauses. Diese beiden Skizzen enthalten keine behördlichen Vermerke. Hinter dem Eintragungsantrag vom 8.1.1980 befinden sich dagegen Architektenzeichnungen mit bauaufsichtlichen (grünen) Vermerken. Sowohl für das Dachgeschoss des Vorderhauses wie auch das Dachgeschoss des Hinterhauses finden sich im Bereich der Treppe keine Buchstaben, vielmehr ist in beiden Fällen die gesamte Fläche grün durchgekreuzt. Damit sind vor allem die für die drei Wohnungen des Dachgeschosses Vorderhaus eingezeichneten Wohnungsnummern 15, 16 und 17 als auch für das Dachgeschoss Hinterhaus die für die eingezeichneten Wohnungen vergebenen Nrn. 38 und 39 ersichtlich als Sondereigentum gestrichen worden. Dem entspricht auch, dass in der Anlage 1 zur Teilungs...