Leitsatz (amtlich)

Zur Bestimmung des kindergeldbezugsberechtigten Elternteils, wenn die Eltern miteinander vereinbart haben, das gemeinsame Kind im paritätischen Wechselmodell zu betreuen.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 133 F 10486/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Vaters gegen den am 11. April 2019 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 133 F 10486/18 - wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen Mutter und Vater jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Beschwerdewert wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Vater wendet sich dagegen, dass das Familiengericht seinen (Gegen-) Antrag zurückgewiesen hat, nicht die Mutter, sondern ihn als denjenigen zu bestimmen, der berechtigt ist, das Kindergeld für die gemeinsame Tochter H... zu erhalten.

Die Beteiligten waren Ehegatten, aus deren Ehe die im Oktober 2010 geborene Tochter hervorgegangen ist. Im Januar 2014 trennten sich die Eltern. Im März 2016 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden. Nach der Trennung der Eltern verblieb die Mutter mit der gemeinsamen Tochter in der früheren Ehewohnung. Im April 2017 verständigten die Eltern sich auf eine Betreuung von H... im paritätischen Wechselmodell (Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Beschluss vom 12. April 2017 - 133 F 20023/16), das seither praktiziert wird. Im Zusammenhang mit der Einschulung von H... im September 2017 meldeten die Eltern ihre Tochter an der Wohnanschrift des Vaters als dem melderechtlichen Hauptwohnsitz des Kindes an, weil sie ursprünglich wollten, dass H... eine Schule im Einzugsgebiet der Wohnung des Vaters besuchen soll (was aber dann doch nicht erfolgte). Beide Eltern sind erwerbstätig. Die Kosten für den von Henriette besuchten Hort in einer Größenordnung von etwa 230 EUR/Monat trägt der Vater. Das staatliche Kindergeld für H... wurde ab der Geburt des Kindes bis Ende Juli 2018 von der Mutter bezogen. Nachdem der Vater Anfang Juli 2018 beantragte, dass das Kindergeld künftig an ihn ausbezahlt werden soll, setzte die Kindergeldkasse die Zahlung des Kindergeldes Anfang August 2018 mit Wirkung ab September 2018 aus mit der Begründung, dass das Kind jeweils hälftig bei der Mutter und beim Vater lebe, aber es an der erforderlichen Einigung der Eltern fehle, an wen das Kindergeld auszuzahlen sei.

Mit Schriftsatz vom 10. August 2019 hat die Mutter beantragt, sie zur Kindergeldempfangsberechtigten zu bestimmen. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, die Eltern könnten sich bereits seit längerem nicht mehr über den Unterhalt für die gemeinsame Tochter einigen. Da sie ein geringeres Einkommen als der Vater beziehe und der Vater, der bislang den Hort allein gezahlt habe, mit der Zahlung der Raten in Rückstand geraten sei und deshalb eine Kündigung des Hortplatzes drohe, sei das Kindergeld an sie auszuzahlen.

Der Vater ist dem Antrag der Mutter entgegengetreten und hat unter dem 30. August 2018 seinerseits beantragt, ihn zum Kindergeldempfangsberechtigten zu bestimmen. Er hat geltend gemacht, dass die Eltern sich über den Umfang der Hortbetreuung und die Frage einer Beteiligung der Mutter an den Hortkosten streiten würden. Er hat eingeräumt, dass er die Hortrate für Juli 2018 erst nach Mahnung habe bezahlen können; in dem betreffenden Monat sei er nicht in ausreichendem Maße liquide gewesen. Er sei als Kindergeldberechtigter zu bestimmen, weil er den Hauptteil der Betreuung leiste und somit die bessere Gewähr für eine kindgerechte Verwendung des Kindergeldes biete.

Mit Beschluss vom 11. April 2019 hat das Familiengericht die Mutter - unter Zurückweisung des Antrags des Vaters - zur Kindergeldbezugsberechtigten bestimmt. Zur Begründung der Entscheidung hat es ausgeführt, eine Bezugsberechtigung seitens des Vaters komme nicht in Betracht, weil er aufgrund seiner aktuellen schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht die Gewähr dafür biete, dass das Kindergeld kindgerecht verwendet werde.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Vater mit seinem Rechtsmittel, mit dem er rügt, dass das Familiengericht seine Entscheidung auf Erkenntnisse zu seiner wirtschaftlichen Situation gestützt habe, die entgegen der Regelung nach § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO aus dem Verfahrenskostenhilfeheft des Verfahrens 133 F 12234/18 (bzw. in der Beschwerdeinstanz 13 WF 32/19) herrührten. Weiter habe das Familiengericht verkannt, dass es sich bei ihm nicht um dauerhafte wirtschaftliche Schwierigkeiten handele, sondern lediglich um einen vorübergehenden wirtschaftlichen Engpass, der aller Voraussicht nach alsbald überwunden sein werde. Von daher sei nicht davon auszugehen, dass er eine weniger gute Gewähr für eine kindeswohlgerechte Verwendung des Kindergeldes biete, zumal das Familiengericht die wirtschaftliche Situation der Mutter überhaupt nicht abgeprüft habe. Vielmehr sei er als Bezugsberechtigter zu bestimmen, weil die Tochter unter seiner Wohnanschrift mit dem Hauptwohnsitz gemeldet sei und er deshalb auch vo...

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