Leitsatz (amtlich)
Zwar ist ein auf den Ausbruch oder die Verschlimmerung einer psychischen Erkrankung beruhendes Fehlverhalten eines Ehegatten regelmäßig kein tragfähiger Gesichtspunkt, um von dem Erfordernis einer mindestens einjährigen Trennungszeit vor Scheidung abzusehen. Eine unzumutbare Härte im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB kann aber gegeben sein, wenn das auf eine psychische Erkrankung zurückgehende Fehlverhalten des einen Ehegatten bei dem anderen, scheidungswilligen Ehegatten bereits zu schweren gesundheitlichen Folgen wie massive depressive Verstimmungen, Panikattacken oder Suizidgedanken geführt hat, die in einer Tagesklinik behandelt werden müssen und Ursache für dessen Arbeitsunfähigkeit sind.
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 16 F 4389/17) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers werden der am 31. August 2017 erlassene Beschluss über die Versagung von Verfahrenskostenhilfe sowie der in gleicher Sache am 20. September 2017 erlassene Nichtabhilfebeschluss des Amtsgericht Pankow/Weißensee - 16 F 4389/17 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gebühren werden nicht erhoben; Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich dagegen, dass das Familiengericht die begehrte Verfahrenskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung, die Scheidung seiner Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres, mit der Begründung versagt hat, sein Begehren weise nicht die erforderliche Erfolgsaussicht auf, weil er das Vorliegen einer unzumutbaren Härte im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB nicht hinreichend dargetan habe.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 569 ZPO) und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet:
1. a) Richtig ist, dass die unzumutbare Härte, die gegeben sein muss, damit eine Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden kann, sich nicht auf die bloße Fortsetzung des ehelichen Zusammenlebens, sondern auf das Eheband als solches, das "weiter-miteinander-verheiratet-sein", beziehen muss und dass hieran sehr strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. nur Palandt/Brudermüller, BGB [76. Aufl. 2017], § 1565 Rn. 9; MünchKomm/Weber, BGB [7. Aufl. 2017], § 1565 Rn. 101). Dem Familiengericht ist weiter darin beizupflichten, dass die verschiedenen, von der Antragsgegnerin ausgehenden Umstände - u.a. Zwangsstörungen und Wahnvorstellungen der Antragsgegnerin; die von ihr geäußerten Suiziddrohungen; Nachstellungen durch die Antragsgegnerin; von der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller pauschal ausgestoßene Verwünschungen und Morddrohungen - als solche und für sich genommen (noch) nicht ausreichen, um eine unzumutbare Härte im Sinne von § 1565 Abs. 2 BGB zu begründen. Denn einmal ist anerkannt, dass ein auf dem Ausbruch oder der Verschlimmerung einer psychischen Erkrankung beruhendes Fehlverhalten eines Ehegatten regelmäßig nicht geeignet ist, die Voraussetzungen für eine Scheidung wegen unzumutbarer Härte zu begründen (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 5. Oktober 1994 - 9 WF 124/94, FamRZ 1995, 807 [bei juris LS] sowie MünchKomm/Weber, BGB [7. Aufl. 2017], § 1565 Rn. 119; Johannsen/Henrich-Jaeger, Hamm, Familienrecht [6. Aufl. 2015], § 1565 BGB Rn. 79a) und zum anderen stünden dem Antragsteller - wie das Familiengericht zu Recht hervorhebt - grundsätzlich ausreichende Möglichkeiten - angefangen vom schlichten Ignorieren des Fehlverhaltens der Antragsgegnerin bis hin zur Erwirkung von Schutzmaßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz gegen sie - zu Gebote, um sich vor Übergriffen der Antragsgegnerin zu schützen: Das vom Antragsteller glaubhaft und substantiiert geschilderte Fehlverhalten der Antragsgegnerin bezieht sich nämlich gerade noch nicht auf das "weiter-miteinander-verheiratet-sein".
b) Eine unzumutbare Härte liegt jedoch vor, wenn die Auswirkungen berücksichtigt werden, die das (wohl) auf eine psychische Erkrankung der Antragsgegnerin zurückgehende Fehlverhalten auf den Antragsteller hat: Es ist daran zu erinnern, dass die in § 1565 Abs. 2 BGB genannte Härte sich auf das Empfinden des Ehegatten bezieht, der die vorzeitige Scheidung der Ehe begehrt. Entscheidend ist dessen subjektive Erlebnis- und Empfindungsfähigkeit (vgl. MünchKomm/Weber, BGB [7. Aufl. 2017], § 1565 Rn. 105). Bei der Beurteilung des subjektiven Empfindens des antragstellenden Ehegatten ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine die vorfristige Scheidung rechtfertigende unzumutbare Härte liegt danach nur vor, wenn eine Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr erwartet werden kann und über den Umstand des Scheiterns der Ehe hinaus in der Person des Antragsgegners Gründe vorliegen, die so schwer sind, dass dem Antragsteller bei objektiver Betrachtung nicht angesonnen werden kann, an den Antragsgegner als Ehegatten weiterhin gebunden zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 1980 - IVb ZR 538/80, FamRZ 1981, 127 [bei juris Rz. 16]) und ihm ...