Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 09.01.1992; Aktenzeichen 16 O 1085/91)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen das am 9. Januar 1992 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdewert beträgt bis 1.200,00 DM.

 

Gründe

Von der Darstellung der Gründe für die Zurückweisung der in entsprechender Anwendung von § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaften, auch innerhalb der Frist des § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO eingelegten und deswegen zulässigen sofortigen Beschwerde wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen, weil der Senat den Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 9. Januar 1992 folgt.

Eingehend auf das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin sei ergänzend hinzugefügt, daß es auf sich beruhen kann, ob mit der überwiegenden Anzahl der Obergerichte in der wettbewerbsrechtlichen Verwarnung, wie es das Landgericht angeführt hat, eine Rechtshandlung kraft Obliegenheit zu sehen ist (vgl. beispielsweise OLG Köln WRP 1985, 360, 361; OLG Hamm WRP 1984, 221, 222; OLG Frankfurt MD 1988, 693, 694), oder ob, worauf die Antragsgegnerin zutreffend aufmerksam macht, in Übereinstimmung mit dem 5. Zivilsenat des Kammergerichts von einer empfangsbedürftigen Willenserklärung auszugehen ist (vgl. KG WRP 1982, 467, 468; WRP 1986, 680, 682 sowie für den Fall einer Abmahnung betreffend § 6 a UWG OLG Hamm WRP 1987, 43, 44), oder ob der Willenserklärung im wesentlichen gleichstehend eine geschäftsähnliche Handlung anzunehmen ist (vgl. OLG Nürnberg, GRUR 1991, 387 = MD 1991, 211, 212 „Vollmachtsurkunde”). Unabhängig von dieser rechtlichen Bewertung bedarf es jedenfalls bei Verwarnungen auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts nicht der Vorlage einer Vollmacht durch den nach seinen Angaben im Auftrage des Verletzten oder Berechtigten tätig werdenden Rechtsanwaltes (ebenso OLG München, WRP 1971, 487 f.; OLG Hamm WRP 1982, 592, 593; OLG Köln, a.a.O.; KG GRUR 1988, 77; andere Ansicht OLG Nürnberg, a.a.O.). Denn bei der Bemessung des Umfanges der Pflichten des Verwarnenden darf nicht außer acht gelassen werden, daß es sich bei der Abmahnung um ein durch richterliche Rechtsfortbildung entwickeltes Institut handelt, das neben dem Ziel, die Gerichte vor vermeidbaren Wettbewerbsstreitigkeiten zu bewahren, vorrangig den Interessen des jeweiligen Verletzers dient, indem es ihm die Möglichkeit eröffnet, durch Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung einen kostenintensiven Wettbewerbsstreit zu vermeiden. Diese Interessensituation bringt es aber mit sich, daß an den Berechtigten oder Verletzten keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden dürfen. Dementsprechend ist der beschließende Senat, obwohl auch er die Auffassung vertritt, daß zur Wirksamkeit einer Abmahnung grundsätzlich deren Zugang erforderlich sei (vgl. nur Beschluß vom 9. Juni 1988, 25 W 934/88 m.w.N.), der Meinung, vom Verwarnenden könne nicht bereits im Abmahnverfahren die Darlegung seiner Klagebefugnis bei Vermeidung von Kostennachteilen aus § 93 ZPO verlangt werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. Dezember 1988, 25 W 6484/88 und vom 5. Januar 1989, 25 U 3424/88). Nichts anderes kann aus den gleichen Überlegungen für den Nachweis der Bevollmächtigung gelten, wobei insoweit hinzutritt, daß jedenfalls gewöhnlicherweise und so auch vorliegend die Verwarnung nicht als Antrag zum Abschluß eines Unterwerfungsvertrages angesehen werden kann und daß, um auf diesen von dem OLG Nürnberg (a.a.O.) angesprochenen Gesichtspunkt einzugehen, jedenfalls bisher im Bereich des Wettbewerbsrecht die unberechtigte Verwarnung keine Ersatzansprüche begründet.

Soweit die Antragsgegnerin darüber hinaus auch in ihrer Beschwerdeschrift die Auffassung vertritt, bei der Frage der Klageveranlassung sei auch die ursprüngliche Begründetheit des Begehrens zu prüfen, vermag der Senat ihr nicht zu folgen, weil mit der Beschränkung des Widerspruchs auf die Kostenentscheidung sich der in Anspruch Genommene dem materiellen Anspruch als einem zu Recht bestehenden Anspruch unterwirft (vgl. OLG München NJW 1969, 1815 sowie Senatsbeschluß vom 1. Dezember 1988, a.a.O.). Gesichtspunkte, die, sei es auch nur für den Einzelfall, eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Die Entscheidung über die Kosten der nach alledem erfolglosen sofortigen Beschwerde folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Haase, v. Frankenberg, Moritz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI856958

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