Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 21.04.2021; Aktenzeichen (525 -) 246/3 St Js 129/07 (13/13)) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwaltes V gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Berlin vom 21. April 2021 wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf 12.926,97 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Festsetzung der notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten mit Beschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Berlin vom 21. April 2021. Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte dem früheren Angeklagten mit Anklageschrift vom 16. August 2013, eingegangen beim Landgericht am 2. Oktober 2013, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 73 Fällen in der Zeit vom Januar 2005 bis zum November 2006 mit einem Gesamtschaden von 3.033.470,23 Euro vorgeworfen. Einen Einziehungsantrag hatte die Staatsanwaltschaft nicht gestellt. Rechtsanwalt V meldete sich am 12. November 2013 als Verteidiger des früheren Angeklagten. Er reichte eine Vollmacht zur Akte, die unter anderem die Befugnisse enthält, Rechtsmittel und Rechtsbehelfe einzulegen, Anträge auf Kostenfestsetzung zu stellen und Gelder in Empfang zu nehmen. Mit Beschluss vom 15. Februar 2021 hat das Landgericht Berlin das Verfahren gegen den früheren Angeklagten gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die durch das Amtsgericht Tiergarten am 1. Februar 2006 (258 Ds 827/05), am 4. Januar 2008 (333 Cs 436/07), am 7. Mai 2009 (231 Cs 143/09), am 11. November 2015 (336 Ls 5/15) sowie am 23. Januar 2019 (234 Ds 99/18) rechtkräftig verhängten Strafen eingestellt, gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von der Einziehung des Wertes von Taterträgen abgesehen und die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Landeskasse auferlegt.
Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2021 hat Rechtsanwalt V beantragt, die notwendigen Auslagen des Angeklagten wie folgt festzusetzen und auszusprechen, dass diese ab Antragstellung zu verzinsen sind:
Grundgebühr für Verteidiger § 14 RVG, Nr. 4100 VV RVG |
360,00 € |
Verfahrensgebühr §§ 74a und 74c GVG § 14 RVG, Nr. 4118 VV RVG |
690,00 € |
Mitwirkung an Einstellung des Verfahrens, §§ 74a und 74c GVG Nr. 4141 I 1, 4118 VV RVG |
395,00 € |
Gegenstandswert: 3.033.470,23 Euro |
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Verfahrensgebühr § 13 RVG, Nr. 4142 VV RVG |
10.863,00 € |
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 € |
Zwischensumme netto |
12.328,00 € |
19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG |
2.342,32 € |
Gesamtbetrag |
14.670,32 € |
Der Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 21. April 2021 insgesamt 1.053,15 Euro nebst Zinsen für Grund- und Verfahrensgebühr, Mitwirkung an der Einstellung des Verfahrens, Pauschale für Post und Telekommunikation sowie Umsatzsteuer festgesetzt. Er hat dazu ausgeführt, dass hinsichtlich der Verfahrensgebühr zu berücksichtigen sei, dass das Verfahren vor der großen Strafkammer anhängig gewesen sei und sich insoweit auch die Gebührenhöhe nach Nr. 4141 VV RVG - auf die Höhe der Mittelgebühr - reduziere. Die Gebühr Nr. 4142 VV RVG nebst Umsatzsteuer hat er nicht festgesetzt, da die Gebühr nicht entstanden sei. Zur näheren Begründung wird in dem Beschluss ausgeführt, dass keine Tätigkeit des Rechtsanwalts auf eine Einziehung oder verwandte Maßnahme erbracht worden sei, da insoweit kein diesbezügliches Verfahren beantragt oder betrieben worden sei.
Mit der am 4. Mai 2021 eingegangenen sofortigen Beschwerde macht Rechtsanwalt V geltend, dass die Verfahrensgebühr nach Nr. 4142 VV RVG entstanden sei. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
II.
1. Es kann offenbleiben, ob Rechtsanwalt V, dessen umfassende Bevollmächtigung vom 12. November 2013 nicht durch eine spätere Bestellung zum Pflichtverteidiger erloschen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 8. August 2019 - 1 Ws 101/18 - m.w.N.), im Zweifel trotz Einlegung der Beschwerde im eigenen Namen als antragsbefugt anzusehen ist (vgl. Gieg in KK-StPO 8. Aufl., § 464b Rdnr. 3; Thüringer OLG, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 1 Ws 403/13 -). Denn die sofortige Beschwerde ist zwar statthaft und rechtzeitig eingegangen (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 464b Satz 3 und Satz 4, 304 Abs. 3 Satz 1, 311 Abs. 2 StPO), aber jedenfalls unbegründet.
2. Die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG entsteht nur, wenn der Rechtsanwalt eine auf die Einziehung und verwandte Maßnahmen bezogene Tätigkeit für den Beschuldigten ausübt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2018 - 3 StR 625/17 - m.w.N.) und sich dadurch für das - oft besonders wertvolle - Eigentum des Mandanten einsetzt (vgl. Senat, Beschluss vom 17. Juni 2008 - 1 Ws 123/08 - und Urteil vom 18. Juli 2005 - 5 Ws 256/05 -). Erfasst werden von ihr sämtliche Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt im Hinblick auf die Einziehung erbringt und die zumindest auch einen Bezug zur Einziehung haben. Nr. VV 4142 RVG setzt dabei - insbesondere im Hinblick auf die Höhe der Gebühr - keine gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus. Auch Besprechungen und Beratungen des Mandanten lösen die Gebühr aus, sofe...