Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG bei Terminsanberaumung nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil
Leitsatz (amtlich)
1. Die Auferlegung einer besonderen Gebühr gemäß § 38 GKG (Verzögerungsgebühr) kommt auch dann in Betracht, wenn nach Erlass eines Versäumnisurteils aufgrund des Einspruchs der säumigen Partei ein neuer Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt werden muss.
2. Maßgebend ist, ob die säumige Partei gegen die ihr obliegende Prozessförderungspflicht verstoßen hat.
3. Wenn eine Partei bzw. ihr Prozessbevollmächtigter im Termin nur deshalb nicht erscheint, weil ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten noch nicht vorliegt und die Partei ihr Prozessverhalten hiervon abhängig machen will, kann darin ein Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht liegen. Danach sind die Parteien zu einer konzentrierten Verfahrensführung gehalten. Dieser Pflicht genügt die Partei bzw. der Prozessbevollmächtigte nicht, wenn sie innerhalb von sieben Monaten nach Klageerhebung die aus ihrer Sicht erforderliche weitere Rechtsmeinung nicht einholen.
Verfahrensgang
LG Berlin II (Aktenzeichen 46 O 28/24) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin II vom 11.09.2024, durch den dem Kläger eine Verzögerungsgebühr auferlegt wird, wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 601,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG.
Mit seiner Klage vom 11.12.2023 macht der Kläger gegen die Beklagte Ansprüche nach dem Widerruf eines Pkw-Kaufvertrags geltend.
Nach Durchführung des schriftlichen Vorverfahrens hat das Landgericht mit Verfügung vom 29.05.2024 Verhandlungstermin auf den 10.07.2024 anberaumt. Mit Schriftsatz vom 02.06.2024 hat der Klägervertreter die Verlegung der Terminstunde beantragt. Dem ist das Landgericht nachgekommen. Mit Schriftsatz vom 09.07.2024 hat der Kläger neue Anträge angekündigt und Teilerledigung erklärt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.07.2024 vor dem Landgericht ist der Klägervertreter nicht erschienen. Das Landgericht hat auf Antrag des Beklagtenvertreters ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Einspruch eingelegt. Das Landgericht hat am 12.07.2024 einen neuen Termin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache auf den 11.09.2024 anberaumt. Mit einem am Schluss der Sitzung verkündeten Urteil hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 10.07.2024 aufrechterhalten.
Mit gesondertem Beschluss vom 11.09.2024 hat das Landgericht durch den Einzelrichter dem Kläger eine Verzögerungsgebühr in Höhe eines Gebührensatzes von 1,0 bei einem Streitwert in Höhe von 45.320,- EUR auferlegt, was 601,- EUR entspricht. Zur Begründung ist ausgeführt, dass durch Verschulden des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig gewesen sei, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.07.2024 nicht erschienen sei und danach gegen das erlassene Versäumnisurteil Einspruch eingelegt habe. Mögliche prozesstaktische Überlegungen für die Säumnis hinderten die Auferlegung einer Verzögerungsgebühr nicht. Der Beschluss ist dem Klägervertreter am 12.09.2024 zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich die am 07.10.2024 eingelegte Beschwerde des Klägers.
Der Kläger rügt unter Verweis auf Fundstellen in der Rechtsprechung und Literatur:
Ihm sei vor Auferlegung der Verzögerungsgebühr kein rechtliches Gehör gewährt worden, weshalb die Festsetzung rechtswidrig sei. Das Nichtauftreten im Termin stelle ein normgerechtes Verhalten dar, so dass es an dem für eine Sanktion nach § 38 GKG erforderlichen Verschulden fehle. Insbesondere habe der Kläger keinen Sachvortrag zurückgehalten und sich in die Säumnis geflüchtet wie es bei der Entscheidung des OLG Celle vom 13.08.2007 (2 W 70/07) der Fall gewesen sei. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe zum damaligen Zeitpunkt ein Rechtsgutachten zu den Erfolgsaussichten des Vorgehens gegen die Beklagte durch einen Universitätsgelehrten anfertigen lassen, das ihm erstmals am 19.07.2024 vorgelegen habe. Von dem Ausgang dieses Gutachtens sollte der weitere Prozessverlauf - auch in Kostenhinsicht - abhängig gemacht werden, da eine Klagerücknahme im Falle mangelnder Erfolgsaussichten trotz vorheriger Säumnis Kosten eingespart hätte. Da das Rechtsgutachten die hinreichende Erfolgsaussicht bestätigt habe, sei der Einspruch nicht zurückgenommen worden. Bei der gemäß § 38 GKG zu treffenden Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger im Übrigen seiner Prozessförderungspflicht vorbildlich nachgekommen sei.
Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 08.10.2024 nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt. Auf eine fehlende Rechtskenntnis kö...