Leitsatz (amtlich)

Grundsätzlich führt schon die Erhebung einer Einwendung oder Einrede, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht hat, zur Ablehnung der Festsetzung; eine Substantiierung der Einwendungen ist nicht erforderlich.

Die Einwendung muss jedoch auf die Besonderheiten des konkreten Falles bezogen sein und jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit erkennen lassen, dass der Anspruch des Antragstellers aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte. Die bloße Wiederholung des Gesetzestextes reicht nicht aus.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 16.10.2006; Aktenzeichen 23 O 538/92)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners nach einem Wert bis 6.000 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die gem. § 19 Abs. 2 Satz 3 BRAGO, §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

a) Ohne Erfolg macht der Antragsgegner geltend, der von den Antragstellern begehrten Kostenfestsetzung stünden Einwendungen entgegen, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht haben (§ 19 Abs. 5 BRAGO, jetzt § 11 Abs. 5 RVG). Grundsätzlich führt schon die Erhebung einer Einwendung oder Einrede, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht hat, zur Ablehnung der Festsetzung; eine Substantiierung der Einwendungen ist nicht erforderlich (Senat, Beschl. v. 4.9.2006 - 1 W 266/04; OLG Koblenz v. 22.12.2005 - 14 W 816/05, OLGReport Koblenz 2006, 268 = MDR 2006, 595 ff.). Die Einwendung oder Einrede muss jedoch erkennen lassen, dass der Antragsgegner sie aus konkreten, tatsächlichen Umständen herleitet. Die Einwendung muss auf die Besonderheiten des konkreten Falles bezogen sein und jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit erkennen lassen, dass der Anspruch des Antragstellers aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte. Die bloße Wiederholung des Gesetzestextes reicht nicht aus (OLG Koblenz, a.a.O.; OLG München v. 18.3.1997 - 11 W 1029/96, MDR 1997, 597 ff.; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2000, 353; OLG Zweibrücken, OLGReport Zweibrücken 2003, 360; LRG Düsseldorf JurBüro 1992, 680; OLG Hamburg, JurBüro 1995, 649; Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG, 17. Aufl., § 11 Rz. 138 - 140; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 11 RVG Rz. 56, 57 m.w.N.). Hier hat sich der Antragsgegner in seinem Schreiben vom 25.9.2006 im Wesentlichen darauf beschränkt, den Wortlaut des § 19 Abs. 5 BRAGO zu wiederholen, in dem er erklärt hat, seine Einwendungen gegen den Antrag der Antragsteller hätten "ihren Grund nicht in .... Gebührenrecht". Die Einwendungen ergäben sich vielmehr aus Inhalt und Zweck der geschuldeten Beratung und somit aus dem Auftragsverhältnis. Die bloße Wiederholung des Gesetzestextes reicht aber, wie oben ausgeführt, zur Darlegung einer Einwendung i.S.d. § 19 Abs. 5 BRAGO nicht aus (OLG München a.a.O.; Gerold/Schmidt/Müller/Rabe a.a.O.). Auch in der Beschwerdeschrift vom 30.10.2006 trägt der Antragsgegner nicht vor, durch welches konkrete Verhalten die Antragsteller ihre anwaltlichen Pflichten ihm gegenüber verletzt haben sollen. Vielmehr führt er lediglich aus, bekanntlich sei eine positive Verletzung des Anwaltsvertrages stets gegeben "wenn wie hier der Rechtsanwalt seinen Mandant rechtsfehlerhaft berät und eine Verpflichtung eingeht, aus dem ein Schaden entsteht". Welchen konkreten Rat die Antragsteller dem Antragsgegner erteilt und damit die Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt haben sollen, trägt der Antragsgegner nicht ansatzweise vor.

b) Soweit der Antragsgegner meint, die von den Antragstellern geltend gemachte Erörterungsgebühr hätte nicht in Ansatz gebracht werden dürfen, weil die Antragsteller den Antragsgegner im landgerichtlichen Verfahren unstreitig nicht vertreten haben und im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem KG vom 29.6.2005 nicht erschienen waren, übersieht er, dass in dem Restitutionsverfahren vor dem 24. Zivilsenat des KG am 7.9.2005 ein weiterer Termin stattgefunden hat, an dem neben ihm, dem Antragsgegner, auch Rechtsanwalt S. teilgenommen hat. In diesem Termin wurde sowohl über einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung als auch über einen Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache verhandelt. In der Sitzungsniederschrift heißt es hierzu ausdrücklich, dass die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert wurde. Hierdurch ist die in Ansatz gebrachte Erörterungsgebühr ausgelöst worden.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1696651

RVGreport 2007, 62

NJOZ 2007, 3642

OLGR-Ost 2007, 382

www.judicialis.de 2006

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