Leitsatz (amtlich)
Die Umstellung des in Papierform geführten Grundbuchs zum maschinell geführten hat nichts an der Befugnis des Einsichtnehmenden geändert, selbst zu bestimmen, in welcher Weise er sich bei der Einsicht des Grundbuchs auf der Einsichtstelle Abschriften selbst herstellt. Es kann ihm deshalb nicht verwehrt werden, den Bildschirminhalt zu fotografieren.
Normenkette
GBO § 12
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 03.03.2010; Aktenzeichen 43 AR 1/09) |
Tenor
Der Beschluss des AG Tempelhof/Kreuzberg vom 3.3.2010 - 43 Tempelhof AR 1/09 - wird aufgehoben. Das AG wird angewiesen, den Antrag des Beschwerdeführers auf Einsicht in das Grundbuch von Tempelhof Blatt ... unter Beachtung der Rechtsansicht des Senats neu zu bescheiden.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer nahm am 25.11.2009 auf der Grundbucheinsichtsstelle des AG Einsicht in das maschinell geführte Grundbuch. Dabei wurde ihm verwehrt, den Bildschirminhalt mittels eines Fotoapparats abzulichten. Hiergegen legte er am selben Tag Erinnerung ein, der nicht abgeholfen wurde.
Mit Beschluss vom 24.2.2010 hat das AG - Grundbuchrichterin - die Erinnerung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 15.3.2010 mit der die Feststellung begehrt wird, dass die Kenntnisnahme des Bildschirminhalts des maschinellen Grundbuchs als automatisierte Datei unter Zuhilfenahme eines Fotoapparates zulässig sei.
II. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Sie ist zutreffend gegen den Beschluss der Grundbuchrichterin vom 3.3.2010 gerichtet, § 12c Abs. 4 S. 2 GBO (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 12c Rz. 11; Kral, in: Hügel, GBO, § 12c Rz. 23). Der Antrag des Beschwerdeführers ist dahingehend auszulegen, dass er die Einsicht in das konkret eingesehene Grundbuch anstrebt, weil eine allgemeine Feststellung der Zulässigkeit der Art und Weise der Grundbucheinsicht im Grundbuchbeschwerdeverfahren nicht möglich ist.
Die Beschwerde ist in diesem Rahmen auch begründet. Das Recht auf Akten- bzw. Registereinsicht, dessen Bestehen vorliegend im Grundsatz nicht anzuzweifeln ist, §§ 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 GBO, 43 Abs. 2 S. 1 GBV, schließt die Befugnis ein, sich selbst Aufzeichnungen oder Abschriften aus den Akten zu fertigen, wobei der Einsichtnehmende nicht auf handschriftliche Notizen verwiesen werden kann (BGH, NJW 1989, 2818, 2819 zu § 9 HGB; Senat, Beschl. v. 4.11.1912 - 1 X 368/12 -, KGJ 44, 89, 90 f. zu § 34 FGG; KG, Beschl. v. 23.3.1933 - 1 X 15/33-, DNotZ 1933, 371 zu § 11 GBO a.F. jetzt § 12 GBO). So hat es der Senat für zulässig erachtet, ein in den Nachlassakten enthaltenes Testament zu fotografieren (Senat, KGJ 44, 89, 91) oder eine Abschrift aus den Grundakten bzw. dem Grundbuch durch eine eigene Schreibkraft fertigen zu lassen (KG, DNotZ 1933, 371, 372). Dem folgend hat das OLG Schleswig schließlich entschieden, dass auch moderne Reproduktionsgeräte wie eine digitale Filmkamera zum Recht auf Einsicht in das Grundbuch verwendet werden können (OLG Schleswig, Beschl. v. 30.10.2009 - 12 VA 6/08 -, Juris und BeckRS 2010 17290). Dabei hat es keine Unterscheidung gemacht, ob das Grundbuch in Papierform oder maschinell geführt wird.
Dem schließt sich der Senat für die hier zu entscheidende Rechtsfrage der Zulässigkeit von Ablichtungen des auf dem Bildschirm der Grundbucheinsichtsstelle wiedergegebenen Grundbuchinhalts an. Die Umstellung des in Papierform geführten Grundbuchs zum maschinell geführten hat nichts an der Befugnis des Einsichtnehmenden geändert, selbst zu bestimmen, in welcher Weise er sich bei der Einsicht des Grundbuchs die Abschrift herstellt.
Der Auffassung des AG, neben der Möglichkeit, nach § 78 GBV amtliche Ausdrucke aus dem Grundbuch zu erhalten, bestehe für die Gestattung der Fertigung eigener Abschriften durch Fertigung von Fotos keine Veranlassung, kann danach nicht gefolgt werden. Der Anspruch des Einsichtnehmenden, eigene Abschriften des eingesehenen Grundbuchinhalts zu fertigen, besteht unabhängig von dem Recht, die Fertigung von Abschriften, § 12 Abs. 2 GBO, bzw. bei maschineller Führung des Grundbuchs von Ausdrucken, §§ 131 GBO, 78 GBV, zu verlangen (Senat, a.a.O.).
Durch Fertigung von Fotos des Bildschirminhalts wird auch kein Gebührentatbestand umgangen. Da die Fotos Teil der Grundbucheinsicht sind, fallen keine Gebühren an, § 74 KostO (OLG Schleswig, a.a.O.). Ob dies bei Fotos eines Ausdrucks anders ist, muss vorliegend nicht entschieden werden, weil dies eine andere Fallgestaltung betrifft. Allein auf diese wird auch in § 27 Abs. 5 Allgemeine Verfügung über die geschäftliche Behandlung in Grundbuchsachen (ABl. 2007 Nr. 7, 335 ff.) abgestellt. Danach ist Notaren die Benutzung von Handkopiergeräten nur für die Anfertigung von Fotokopien aus den Grundakten, nicht jedoch von Ausdrucken gestattet, die zur Gewährung der Einsicht gefertigt wurden. Die Gestattung der Fertigung von Fotos von Ausdrucken ist von dem Beschwerdeführer nicht beantragt worden.
Fundstellen
Haufe-Index 2581941 |
FGPrax 2011, 108 |
ZfIR 2011, 114 |
MDR 2011, 35... |