Leitsatz (amtlich)
Wird im Antrag auf Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren wegen Baumängeln im Fließtext ausgeführt, die "Beseitigung der aufgeführten Mängel [werde] voraussichtlich Kosten in Höhe von weit mehr als 30.000,00 EUR verursachen", liegt hierin keine Wertangabe iSd. § 61 GKG, welche das Gericht der Wertfestsetzung zugrunde zu legen hätte.
Begehrt der Antragsteller neben Feststellungen wegen Mängelerscheinungen zugleich, dass der Sachverständige einen etwa nach Mängelbeseitigung noch verbleibenden oder wegen Unwirtschaftlichkeit der Mängelbeseitigung anzusetzenden Minderwert ermittle, erhöht letzteres Beweisbegehren den Gegenstandswert des Beweisverfahrens nicht.
Normenkette
ZPO §§ 3, 485; GKG §§ 48, 61; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 17.11.2016; Aktenzeichen 2 OH 6/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Einzelrichters der Zivilkammer 12 des LG Berlin vom 17.11.2016 - Geschäftsnummer: 12 OH 6/14 - wegen der Wertfestsetzung unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise dahin gehend geändert, dass der Gegenstandswert für das selbständige Beweisverfahren auf 150.000,00 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Die Beschwerde - über die das Beschwerdegericht gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden hat - ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG. Das LG hat den Wert auf insgesamt TEUR 200 festgesetzt. Zwar beziffert die Beschwerde nicht, welcher Wert demgegenüber angemessen sei, macht aber deutlich, dass eine deutliche Herabsetzung begehrt werde. Eine konkretere Bezifferung scheint hier ungeachtet der notwendigen Prüfung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG entbehrlich, weil sich das begehrte Maß der Größenordnung nach aus den Umständen entnehmen lässt und dieses im Ergebnis zu einer Kostenermäßigung führte, die ihrerseits die erforderliche Mindestbeschwer von 200,00 EUR deutlich hinter sich ließe. Die Erwähnung eines voraussichtlichen Mängelbeseitigungsaufwandes von mehr als 30.000 EUR in der Antragsschrift hatte nämlich bereits im Beschluss vom 6.12.2015 zu einer endgültigen Wertfestsetzung von 30.000 EUR geführt, welche die Antragstellerin trotz der im Übrigen erhobenen sofortigen Beschwerde in der Folge nicht angegriffen hat. Damit ist dem Begehren eine zumindest für die Statthaftigkeitsprüfung ausreichend Kontur verliehen.
II. Das Beschwerdegericht hat davon auszugehen, dass das LG mit der hier angegriffenen Wertfestsetzung den Erwägungen der Antragsgegnerin in deren Schriftsatz vom 13.10.2016 folgen und die Beweisfragen 1. bis 138. mit 150.000 EUR (hierzu sogleich 1.) sowie die Beweisfrage lit. c. mit weiteren 50.000 EUR (hierzu sodann 2.) bewerten wollte.
1. Das Interesse der Antragstellerin an der Beweiserhebung gemäß den Beweisfragen 1. bis 138. Ist mit insgesamt 150.000 EUR zutreffend bewertet. Entscheidend für die Bewertung von Beweisfragen zur Feststellung von Mängeltatbeständen ist der "richtige" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers (vgl. BGH MDR 2005, 162, Rn. 18 nach juris). Ein vom Antragsteller bei Verfahrenseinleitung gemäß § 61 GKG angegebener Wert ist dabei als Grundlage für die Wertfestsetzung zu nehmen, wenn es an entgegengesetzten Anhaltspunkten fehlt; auch dann ist der Betrag der Wertangabe aber nicht bindend für die letztliche Wertfestsetzung (vgl. BGH aaO.). Auf dieser Grundlage kommt eine Herabsetzung des Wertes nicht in Betracht.
1.1. Es ist vielmehr schon zweifelhaft, ob die Antragstellerin hier überhaupt eine Wertangabe iSd. § 61 GKG hat machen wollen, wenn lediglich im Fließtext des Antragsschriftsatzes ohne Hervorhebung erwähnt wird, dass die "Beseitigung der aufgeführten Mängel [...] voraussichtlich Kosten in Höhe von weit mehr als 30.000,00 EUR verursachen" werde. Damit ("weit mehr") hat die Antragstellerin selbst zu erkennen gegeben, dass dieser Betrag nicht als Wertangabe iSd. § 61 GKG geeignet wäre. Anzugeben ist nämlich der ehrliche Wert (vgl. OLG Düsseldorf GRUR-RR 2010, 406) und nicht ein Wert, der noch weit überstiegen werden soll. Die Erwähnung dieses Betrages wird auch nicht dadurch tragfähiger, dass die Antragstellerin die - später geänderte - Festsetzung im Beschluss vom 6.12.2015 nicht angegriffen hat. Durch diesen Beschluss war der Beweisantrag zurückgewiesen worden. In dieser Situation hatte es nahegelegen und war es interessengerecht, für den Fall der Erfolglosigkeit der hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerde die Kostenbelastung der Mitglieder der Gemeinschaft nicht noch über den Streitwert zu erhöhen.
1.2. Mit den ausführlichen Angaben der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 13.10.2016 liegen jedenfalls "entgegengesetzte Anhaltspunkte" im Sinne der BGH-Rechtsprechung vor, welche die von einer Wertangabe der Antragstellerin deutlich abweichende Festsetzung gebieten und welche die Antragstellerin auch mit der Beschwer...