Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 04.04.2005; Aktenzeichen (569) 95 Js 2216/03 Ns (41/05)) |
Tenor
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. April 2005 wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 50,00 Euro verurteilt. Das Landgericht Berlin hat die Berufung des Angeklagten nicht angenommen, sondern gemäß § 313 Abs. 1 und 2 StPO als unzulässig verworfen. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel des Angeklagten ist unzulässig, weil die Entscheidung über die Annahme der Berufung gemäß § 322 a Satz 2 StPO unanfechtbar ist.
Das Landgericht wird jedoch über den in dem Rechtsmittel zugleich enthaltenen Antrag auf Nachholung des rechtlichen Gehörs (§ 33 a StPO) zu entscheiden haben. Nach dieser Vorschrift findet eine Nachholung des rechtlichen Gehörs statt, wenn das Gericht in einem Beschluss zum Nachteil eines Beteiligten Tatsachen verwendet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und ihm gegen die Entscheidung keine Beschwerde oder ein anderer Rechtsbehelf zusteht. Das Nachverfahren ist vorliegend erforderlich, weil das Landgericht den Angeklagten vor Erlass des Verwerfungsbeschlusses hätte anhören müssen. Zwar ist dem Gesetz eine besondere Vorschrift, nach der das Landgericht den Angeklagten vor einer Verwerfung seiner Berufung nach § 313 StPO anhören muss, nicht zu entnehmen. Dies ergibt sich jedoch aus der allgemeinen Regelung des § 33 Abs. 3 StPO als der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Grundrechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl., § 33 Rdnr. 1). Nach dieser Vorschrift ist ein Verfahrensbeteiligter vor einer außerhalb der Hauptverhandlung ergehenden Entscheidung zu hören, wenn zu seinem Nachteil Tatsachen, zu denen er noch nicht gehört worden ist, verwertet werden sollen. Zu den Tatsachen gehören nicht nur Umstände, die die Schuldfrage oder den Rechtsfolgenausspruch betreffen, sondern auch rein verfahrensrechtliche Umstände (vgl. KG, Beschluss vom 4. November 1998 - 5 Ws 619/98 - in Juris; Meyer-Goßner a.a.O. Rdnr. 13 m. N.). Bei der Bewertung der Berufung des Angeklagten als offensichtlich unbegründet mit der Folge einer Verwerfung gemäß § 313 StPO handelt es sich um einen solchen verfahrensrechtlichen Umstand (vgl. KG a.a.O.). Zwar ist es ausreichend, wenn der Angeklagte über die Möglichkeit der Verwerfung der Berufung nach dieser Vorschrift ausdrücklich belehrt worden ist, weil er in diesem Fall im Rahmen der Berufungsbegründung auch zu der Frage der offensichtlichen Unbegründetheit vortragen kann. Einer schriftlichen Mitteilung an den Angeklagten bedarf es daher nur dann, wenn eine entsprechende Belehrung durch das Amtsgericht nicht nachweisbar ist (vgl. OLG Koblenz, StV 1995, 14). Vorliegend ist nicht erkennbar, ob der Angeklagte auf die Möglichkeit der Nichtannahme der Berufung im Anschluss an die Urteilsverkündung hingewiesen worden ist. Zwar enthält die Sitzungsniederschrift den Vermerk "Rechtsmittelbelehrung ist erfolgt". Dieser Vermerk beweist jedoch lediglich, dass der Angeklagte über die gesetzlich vorgeschriebenen Möglichkeiten und Fristen für eine Anfechtung der Entscheidung belehrt worden ist. Das Fehlen eines entsprechenden Zusatzes über die - gesetzlich nicht vorgeschriebene - Belehrung über die Möglichkeit einer Verwerfung der Berufung nach § 313 StPO begründet Zweifel daran, ob der Angeklagte darüber in Kenntnis gesetzt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Fundstellen