Leitsatz (amtlich)
1. Eine nach § 15 Abs. 1 SpruchG mögliche Kostenentscheidung zu Lasten eines Antragstellers kommt in Anlehnung an die Regelung in § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG in Betracht, wenn der Antrag rechtsmissbräuchlich gestellt wurde oder von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Antragsteller dies erkennen musste. Einem Ausnahmefall wie dem Rechtsmissbrauch steht es nicht schon gleich, wenn ein erstinstanzlicher Antrag oder ein Rechtsmittel im Ergebnis keinen Erfolg haben.
2. Der nach § 74 GNotKG geltende Mindestgeschäftswert von 200.000 Euro kann auch dann nicht unterschritten werden, wenn ein Antrag in einem Spruchverfahren als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 102 O 52/18 SpruchG) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Geschäftswerts in dem Beschluss des Landgerichts Berlin vom 27. April 2018 - 102 O 52/18 SpruchG - wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Verfahrenswert wird auf 200.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist die Festsetzung einer Barabfindung nach dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre der ursprünglich im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragenen P... AG. Eine außerordentliche Hauptversammlung der Gesellschaft stimmte am 6. Oktober 2017 mit der notwendigen Mehrheit dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre zu, wobei sich die den Ausschluss betreibende Antragsgegnerin verpflichtete, eine Barabfindung in Höhe von 1,11 Euro je Aktie zu zahlen. Der Ausschluss der Minderheitsaktionäre wurde schließlich am 7. Dezember 2017 in das Handelsregister eingetragen.
Mit einem an das Landgericht Berlin gerichteten Antrag vom 8. März 2018 hat der Antragsteller verlangt, die angemessene Höhe der Barabfindung gerichtlich zu bestimmen. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die der festgesetzten Abfindung zugrunde liegenden Planannahmen viel zu pessimistisch seien, da die Gesellschaft eine herausragende Stellung im europäischen Markt einnehme, weshalb von zukünftig steigenden Margen und einer überproportionalen Gewinnentwicklung auszugehen sei. Ferner seien die bei der Ermittlung des Ertragswerts für den Kapitalisierungszinssatz verwendeten Parameter unrichtig gewählt. So sei die Marktrisikoprämie mit 5.5 % deutlich zu hoch angesetzt, während der Wachstumsabschlag mit 1 % zu gering bemessen sei, da er unterhalb der von der EZB avisierten Inflationsrate von 2 % liege.
Das Landgericht hat den Antrag mit einem Beschluss vom 27. April 2018 als unzulässig verworfen und die Kosten des Verfahrens bei einem Wert von 200.000,00 Euro der Antragsgegnerin auferlegt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Begründung des Antrags den nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG zu stellenden Mindestanforderungen nicht genüge. Die Kostenentscheidung folge aus § 23 Nr. 14 GNotKG, wonach regelmäßiger Schuldner der Gerichtskosten der Antragsgegner als Veranlasser der aktienrechtlichen Strukturmaßnahme ist. Eine abweichende Billigkeitsentscheidung nach § 15 Abs. 1 SpruchG sei nicht veranlasst, da die an eine Antragsbegründung im Spruchverfahren zu stellenden Anforderungen obergerichtlich noch nicht abschließend geklärt seien. Die Entscheidung über den Geschäftswert folge aus § 74 GNotKG, wonach der Mindestgeschäftswert in Spruchverfahren 200.000,00 Euro betrage.
Gegen den ihr am 7. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 5. Juni 2018 Beschwerde erhoben, mit der sie eine Abänderung der Kostenentscheidung zum Nachteil des Antragstellers sowie eine Herabsetzung des Geschäftswerts auf 55,00 Euro begehrt. Das Landgericht habe von der in § 15 Abs. 1 SpruchG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen müssen, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzulegen, da der Antrag mangels hinreichender Begründung offensichtlich unzulässig gewesen sei. Der Geschäftswert sei abweichend von der Regelung in § 74 GNotKG auf die Höhe der dem Antragsteller zustehenden Barabfindung festzusetzen gewesen. Das Landgericht hat der Beschwerde mit einem Beschluss vom 6. Juni 2018 nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist in vollem Umfang unbegründet.
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Soweit sie sich gegen die Kostenentscheidung in dem angefochtenem Beschluss richtet, folgt dies aus §§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 1 SpruchG i. V. m. §§ 58 FamFG. Kostenentscheidungen in Spruchverfahren können seit dem Inkrafttreten des FamFG auch isoliert angefochten werden, nachdem eine § 20a Abs. 2 FGG aF bzw. § 99 Abs. 1 ZPO entsprechende Regelung nicht mehr existiert (Dreier/Fritzsche/Verführth/Fritzsche, SpruchG, 2. Aufl. 2016, § 12 Rn. 13; Keidel/Zimmermann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 81 Rn. 81). Ferner ist die Mindestbeschwer von 600 Euro nach § 61 Abs. 1 FamFG, die nach überw...