Entscheidungsstichwort (Thema)
Veröffentlichung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 22.08.2006; Aktenzeichen 27 O 910/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG vom 22.8.2006 (27. O. 910/06) wird auf dessen Kosten bei einem Beschwerdewert von 10.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 823, 1004 BGB (analog), Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu, weil die angegriffene Berichterstattung mit einem Zitat des Antragstellers letzteren in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht rechtswidrig verletzt.
1. Die Veröffentlichung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz kann das in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Rechtsanwaltes in seiner Ausprägung als Selbstbestimmungsrecht, in bestimmtem Umfang darüber zu entscheiden, ob und wie die Persönlichkeit für öffentlich verbreitete Darstellungen benutzt wird, beeinträchtigen. Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Deshalb steht grundsätzlich allein dem Verfasser die Befugnis zu, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form eine sprachliche Gedankenfestlegung seiner Person der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. (vgl. BGH NJW 1954, 1404; BVerfG NJW 1980, 2070)
Auch dieses Recht ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Ob eine Verletzung dieses Rechts vorliegt, ist jeweils anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite, hier insbesondere mit der ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleisteten Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) sowie der Meinungsfreiheit des Antragsgegners (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG), bestimmt werden (BGH NJW 1991, 1532). So hat der Senat schon in seinem Urteil vom 3.3.2006 (9 U 117/05) darauf hingewiesen, dass es ein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu zitieren, nicht gibt (vgl. auch BVerfG NJW 2000, 2416).
2. Diese Güterabwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ggü. den schutzwürdigen Belangen des Antragstellers überwiegt.
a) Der Antragsgegner kann sich für seine Berichterstattung in der Ausgabe von "D.W." vom ...7.2... auf ein sachliches und ernsthaftes, für die Allgemeinheit bedeutsames Informationsinteresse berufen. Thematisiert er in dem angegriffenen Artikel doch gerade das Spannungsverhältnis zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht und berichtet anhand konkreter juristischer Auseinandersetzungen zwischen Presseunternehmen und von deren Berichterstattung Betroffenen über die Entwicklung des Presserechts. Im Rahmen dieser Berichterstattung setzt er sich auch mit der Tätigkeit von Rechtsanwälten bei der Durchsetzung eines - nach Auffassung der Autoren - immer umfassenderen Persönlichkeitsschutzes ihrer Mandanten und den erheblichen Auswirkungen dieser Tätigkeit auf das Pressewesen auseinander.
Gerade der Meinungsfreiheit, der das BVerfG wegen ihrer herausragenden Bedeutung für die menschliche Persönlichkeit und die demokratische Staatsordnung seit jeher einen besonders hohen Rang zuerkennt (BVerfG NJW 1991, 2339), muss hier bei der Abwägung mit den anderen Rechtsgütern ein höheres Gewicht eingeräumt werden. Dies gilt insbesondere bei Äußerungen, die nicht im privaten Interesse, sondern in öffentlichen Angelegenheiten gemacht werden, wie im vorliegenden Fall. Hier spricht bereits eine Vermutung zugunsten der Redefreiheit; an die Zulässigkeit öffentlicher Kritik dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (BVerfG, a.a.O.).
Im Rahmen einer solchen kritischen Auseinandersetzung um die Grenzen der Pressefreiheit einerseits sowie des Persönlichkeitsrechts Betroffener andererseits, ist es deshalb zulässig, das Wirken des Antragstellers und weiterer Medienanwälte für deren Mandanten darzustellen und einer Wertung im Hinblick auf die Auswirkungen für die Pressefreiheit zu unterziehen. Zu diesem Zwecke ist es gerechtfertigt, Äußerungen des Antragstellers zu zitieren. Dies gilt auch für Zitate aus anwaltlichen Schriftsätzen.
b) Eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Antragstellers wiegt demgegenüber weniger schwer.
Der Antragsteller kann sich nicht darauf berufen, das zitierte Schreiben sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Der Antragsteller ist durch das verwendete Zitat nicht in seiner Geheimsphäre betroffen. Die Tätigkeit des Antragstellers für seine Mandanten gegenüber Presseunternehmen spielt sich vielmehr in der Sozialsphäre ab.
Der Antragsteller wird mit der wiedergegebenen Äußerung weder falsch zitiert noch wird dem Zitat auch nur eine andere Färbung oder...